Eine Lesung in Köln: Nazibarbarei begann mit Bücherverbrennung

Vor gut einem Jahr hatte der Arbeitskreis Zivilklausel der Universität Köln den Friedenspreis der Evangelischen Kirche, den Friedrich-Siegmund-Schultze-Förderpreis, erhalten. Der Kampf des Arbeitskreises für eine zivile, antimilitaristische Forschung an der Universität Köln war lang und hart. 2014 wurde die Zivilklausel in das NRW-Hochschulrahmengesetz aufgenommen. Unter der neuen NRW-Landesregierung unter Armin Laschet (CDU) und der Unterstützung der FDP, konservativ wie rückwärtsgewandt, wurde die Zivilklausel wieder herausgestrichen. Die Hochschulen haben sich dennoch dazu bekannt. Weiter hier!

Teil 1: Peter Förster, Moderation (AK Zivilklausel Uni Köln), Claudia Wöhrmann-Adam (Hans-Mayer-Gesellschaft Köln), Heinrich Bleicher (Hans-Mayer-Gesellschaft Köln)

Teil 1 als Podcast zum Herunterladen!

Teil 2: Stephan Brackertz (Fachschaft Physik, Universität Köln), Agnes Kamerichs (AK Zivilklausel Uni Köln), Angela Lux (Initiative „Keupstraße ist überall“), Günter Baumann (Kein Veedel für Rassismus, VVN-BdA), Prof. Dr. Jürgen Hammerstaedt (Philosophische Fakultät UNI Köln)

Teil 2 als Podcast zum Herunterladen!

Was hat das aber mit der Erinnerung an die Bücherverbrennung von 1933 zu tun, an die man sich jetzt zum 88. Mal erinnert, mit den jährlichen Lesungen, die die Zivilklausel in Köln durchführt? Ein Zitat von Albert Einstein aus jenem Jahr führt uns auf die Spur: „Es gäbe genug Geld, genug Arbeit, genug zu essen, wenn wir die Reichtümer der Welt richtig verteilen würden, statt uns zu Sklaven starrer Wirtschaftsdoktrinen oder -traditionen zu machen. Vor allem aber dürfen wir nicht zulassen, dass unsere Gedanken und Bemühungen von konstruktiver Arbeit abgehalten und für die Vorbereitung eines neuen Krieges missbraucht werden. (…) Unsere Waffen seien Waffen des Geistes, nicht Panzer und Geschosse. Was für eine Welt könnten wir bauen, wenn wir die Kräfte, die ein Krieg entfesselt, für den Aufbau einsetzten. Ein Zehntel der Energien, die die kriegführenden Nationen im Weltkrieg verbraucht, ein Bruchteil des Geldes, das sie mit Handgranaten und Giftgasen verpulvert haben, wäre hinreichend, um den Menschen aller Länder zu einem menschenwürdigen Leben zu verhelfen sowie die Katastrophe der Arbeitslosigkeit in der Welt zu verhindern.“

Welche vorausschauenden Worte! Und heute? Senta Pineau vom Kölner Friedensforum: „Die Bundesregierung versucht noch kurz vor Ende der Legislaturperiode, am 23. Juni, einen Tag nach dem 80. Jahrestag des Überfalls der Wehrmacht auf die Sowjetunion, milliardenschwere Rüstungsprojekte durch das Parlament zu drücken. Das ist zynisch und geschichtsvergessen.“

Am Beginn der Nazibarbarei standen Bücherverbot und Bücherverbrennung, auch Schriften von Albert Einstein. Aufklärung und Bildung standen auf dem Spiel, Militarismus und Kriegsvorbereitung rückten in den Vordergrund. Dieser Situation sind wir wieder durch irrsinnige Hochrüstung gefährlich nahe gekommen.

Daher eine erneute Lesung zur Erinnerung, zur Mahnung, zum Vergleich, zur Bildung. Man muss das Video nicht sehen, kann es sich einfach in Ruhe anhören. Und dabei eine wirklich gute konservative Tradition pflegen: das Vorlesen, das Zuhören und das Bilden. Und das danach entscheiden. (22.06.2021, Hans-Dieter Hey)

Aus folgenden Texten wurde gelesen:

Albert Einstein: „Die Grundlage der allgemeinen Relativitätstheorie (Einleitung)“
Benedikt Schmittmann, „Wirtschafts- und Sozialordnung als Aufgabe“, 1932
Bertolt Brecht, „Kinderkreuzzug“, „Lob des Lernens“, „Lob des Zweifels“, „Flüchtlingsgespräche“ und „Hungern“ (Letzteres aus „Geschichten von Herrn Keuner“).
Else Lasker-Schüler, „Das Hebräerland“
Franz Werfel, „Die 40 Tage des Musa Dagh“
Heinrich Heine, „Erinnerung an Krähwinkels Schreckentage“, „Verkehrte Welt“
Heinrich Mann, „die Bücherverbrennung“ in: Verteidigung der Kultur. „Die Schriftsteller und der Krieg“, 1932
Joachim Ringelnatz
Kurt Tucholsky, „Europa“, „Ich möchte Student sein“ und „Hitler und Goethe, Ein Schulaufsatz“
Ludwig August Jacobsen, „So hat es angefangen“, Nachwort Hans Mayer
Nelly Sachs:
1) „O die Schornsteine“
2) „Chor der Geretteten“
Beide Gedichte sind dem Zyklus „In den Wohnungen des Todes“ entnommen (der Zyklus ist 1946 erstmals im Aufbau-Verlag GmbH, Berlin erschienen), in: „Das Leiden Israels – Eli /In den Wohnungen des Todes / Sternverdunkelung“, edition suhrkamp Sonderausgabe 1996, FfM.
3) „In meiner Kammer“ (aus dem Zyklus „Glühende Rätsel III“, 1965)
4) „Diese Nacht“ (aus dem Zyklus „Glühende Rätsel I“, 1963)
5) „Ihr meine Toten“ (aus dem Zyklus „Teile Dich Nacht“, 1969/1970)
Diese drei Gedichte wurden nach der Ausgabe „Suche nach den Lebenden – Die Gedichte der Nelly Sachs“, 2.Band, SuhrkamVerlag FfM 1971 rezitiert.
Walter Mehring, „Übersetzungen von Liedern zur Pariser Commune“, 1871. Malik-Verlag,1924
Paul Celan, „Todesfuge“, Gedichte I, Bibliothek Suhrkamp, Frankfurt am Main 1975
Wolfgang Borchert, „Versuch es“, Borchert-Gesamtausgabe, hg. vom Rowohlt Verlag und der Hamburgischen Bücherei, 1949
Rosa Luxemburg, „Juniusbroschüre“

Aufruf des AK Zivilklausel zur Lesung

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