Jean Ziegler: Der Optimismus des Willens


Variablen setzten Beginn

Die Tür des Odeon-Kinos in Köln öffnet sich. Herein kommt – nein schreitet – ein älterer, distinguiert wirkender Herr in langem, schwarzem Mantel. Die eigens für ihn gebildete kleine Menschengasse lächelt ihn mit Hochachtung an. Einige Bekannte umarmt er freundschaftlich. Der ältere Herr wirkt fröhlich und man merkt sofort, dass er ein Menschengewinner ist, der mit aufrichtigem Interesse einzunehmen versteht. Jean Ziegler kommt zum Pressetermin und Fotoshooting. Dass sich Im Foyer das globalisierungskritische Netzwerk Attac präsentierte, dürfte ihn gefreut haben.

Ziegler ist Schriftsteller, war Professor, Nationalrat in der Schweiz, Mitarbeiter von Kofi Annan, bis heute UN-Sonderberichterstatter im Menschenrechtsrat der UNO für das Recht auf Nahrung und Mitglied bei Business Crime Control.

Der 82jährige linke Weltdiplomat von Format, der sein Leben in den Kampf gegen „Monsterkapitalismus“, „Geierfonds“ und den Hunger gestellt hat, ist eigens zur Deutschlandpremiere eines Films über sein Leben gekommen. „Der Optimismus des Willens“ heißt die Biographie. Später wird Jean Ziegler im Gespräch noch erklären, dass es ohne diesen Optimismus für ihn nicht geht.

Verehrung für die kubanische Revolution und Che Guevara

Die Besucher werden eingelassen, der Saal ist voll. Es erwartet sie eine dichte Biografie, die 1934 beginnt und in eine Freundschaft mit dem kubanischen Revolutionsführer Che Guevara, dessen Fahrer er wird, mündet. Ohnehin stellt der aufmerksame Kinobesucher schnell fest, dass Ziegler bis heute Guevara tief verehrt, wenn er sich an seinem Sarg bekreuzigt. Denn schließlich hätten – so Ziegler – die Kubaner dem US-amerikanischen Imperialismus und ihren „kapitalistischen Oligarchen“ und ihrer Blockaden am längsten widerstanden.

Redegewaltig erlebt man Ziegler auf internationalem politischen Plateau oder bei Demonstrationen wie auf dem G-7-Gipfel auf Schloss Elmau im Jahr 2015, wie er Massen begeistern kann. Im Film fällt auf, dass dies fast der einzige Teil in Deutscher Sprache ist. Nahezu der gesamte Film ist in Spanischer oder Französischer Sprache mit Untertiteln, die auf den hinteren Sitzbänken schwer zu lesen sind. Eine ziemliche Herausforderung und Wermutstropfen für Besucher.

Ein menschlich dichtes, respektvolles Portrait

Filmemacher Nicolas Wadimoff, der bei Ziegler einst studierte, gelingt ein eindrucksvolles, ungestelltes, menschlich dichtes, respektvolles Portrait über den Humanisten, dem charismatischen Redner, der auch gern mal andere mit brillanter Schärfe niederdiskutiert. Inbegriffen wurde mit liebevoller Zärtlichkeit auch seine Frau Erica, Kunsthistorikerin und Kommunistin, wie er sagt.

Von der Filmidee war Ziegler nicht von Anfang an überzeugt. „Filme sind etwas gefährliches, weil man am Boden zerstört werden kann. Als Intellektueller habe ich eine einzige Waffe, das ist die Glaubwürdigkeit.“ Wegen des fehlenden Einflusses hatte er Filmangebote abgelehnt. Diesmal hatte er allerdings „eine gewisse Garantie, dass mich die beiden nicht in die Pfanne hauen.“ Gemeint waren Regisseur Nicolas Wadimoff und Produzent Emmanuel Gétaz. Überzeugt hatten ihn vor allem der Anarchist (Ziegler) Wadimoff mit seiner Webseite, der kürzlich noch einen Dokumentarfilmpreis erhalten hatte. „Ich selbst habe keine Ahnung vom Film, aber ich weiß, dass er nützlich ist für den Kampf, den wir gehen. Das war das Kriterium für mich.“

Alle fünf Sekunden stirbt ein Kind an Hunger

Eine Diskussion mit dem „Bolschewisten“ (Ziegler über Ziegler) im Anschluss an die Filmvorführung ist nicht vorstellbar ohne politischen Inhalt. „Wer verhungernde Kinder gesehen hat wie ich acht Jahre lang als Sonderberichterstatter der UNO für das Recht auf Nahrung, wenn man gesehen hat, was ich gesehen habe, dann kann man nicht schweigen, wenn man so unglaublich privilegiert ist wie ich.() 13 Prozent der Weltbevölkerung sind Weiße, und diese Weißen beherrschen als kleine Minorität seit 500 Jahren den Planeten.“

Als Ziegler die deutsche Flüchtlingspolitik von Angela Merkel lobend hervorhebt, entsteht überraschtes Raunen im Saal. Das sehen viele offenbar anders. In Deutschland schätzt er zudem die Freiheitsrechte, die die meisten Länder nicht hätten. „Das ist auf diesem Planeten ein unglaubliches Privileg.“ Der gleiche Planet, auf dem alle fünf Sekunden ein Kind an Hunger stirbt.

„…dann muss man das Schweigen brechen…“

Eine ganz schmale Finanzoligarchie habe eine Diktatur errichtet, eine Diktatur der Ausbeutung, der Unterdrückung und dies zeige diese absurde Weltordnung. Die Erde könne gut 12 Milliarden Menschen ernähren, also fast das Doppelte. „Da muss man kämpfen, da stellt sich keine Frage, sonst kann man sich nicht im Spiegel anschauen. Wie viele Millionen Menschen im Südsudan, Syrien, Afghanistan, Irak, Darfur in der Nacht stimmlos ohnmächtig zerstört werden, dann muss man das Schweigen brechen“. Er greift die schweigende Mitte der privilegierten Gesellschaft an und zitiert den Irischen Philosophen Edmund Burke: „Alles, was das Böse auf dieser Welt braucht, um zu triumphieren, ist das Schweigen der guten Menschen.“ Hoffnung und Kraft gibt ihm nach  wie vor Che Guevara, der einst sagte: „Die stärksten Mauern fallen durch Risse“. Enttäuscht hätte ihn allerdings sehr, dass aus einigen der Revolutionsführer Diktatoren geworden sind.

Doch was zu tun ist, um die Risse zu vergrößern, verrät Ziegler in seinem neuen Buch „Der schmale Grad der Hoffnung“, in dem er zum totalen Bruch mit der gegenwärtigen „kannibalischen“ Weltordnung aufruft. Er endet mit einem Zitat von Pablo Neruda aus dessen „Canto General“: „Sie können alle Blumen abschneiden, aber nie werden sie den Frühling aufhalten können“. (Hans-Dieter Hey)   

„Ein notwendiges Buch in aufregenden Zeiten“, eine Rezension ist hier zu finden!  
              
Jean Ziegler: Der schmale Grad der Hoffnung
Gebundene Ausgabe: 320 Seiten
Verlag: C. Bertelsmann Verlag (13. März 2017)
Sprache: Deutsch
ISBN-10: 3570103285
ISBN-13: 978-3570103289
EURO 19,99  

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Berlin-Premiere
Dienstag, 21. März, 17 Uhr
Babylon, Rosa-Luxemburg-Str. 30, 10178 Berlin
Gäste: Regisseur Nicolas Wadimoff & Produzent Emmanuel Gétaz
Tickets erhältlich im Kino. Reservierung: 030.2425969

Die Tür des Odeon-Kinos in Köln öffnet sich. Herein kommt - nein schreitet - ein älterer, distinguiert wirkender Herr in langem, schwarzem Mantel. Die eigens für ihn gebildete kleine Menschengasse lächelt ihn mit Hochachtung an. Einige Bekannte umarmt er freundschaftlich. Der ältere Herr wirkt fröhlich und man merkt sofort, dass er ein Menschengewinner ist, der mit aufrichtigem Interesse einzunehmen versteht. Jean Ziegler kommt zum Pressetermin und Fotoshooting. Dass sich Im Foyer das globalisierungskritische Netzwerk Attac präsentierte, dürfte ihn gefreut haben.

Ziegler ist Schriftsteller, war Professor, Nationalrat in der Schweiz, Mitarbeiter von Kofi Annan, bis heute UN-Sonderberichterstatter im Menschenrechtsrat der UNO für das Recht auf Nahrung und Mitglied bei Business Crime Control.

Der 82jährige linke Weltdiplomat von Format, der sein Leben in den Kampf gegen „Monsterkapitalismus“, „Geierfonds“ und den Hunger gestellt hat, ist eigens zur Deutschlandpremiere eines Films über sein Leben gekommen. „Der Optimismus des Willens“ heißt die Biographie. Später wird Jean Ziegler im Gespräch noch erklären, dass es ohne diesen Optimismus für ihn nicht geht.

Verehrung für die kubanische Revolution und Che Guevara

Die Besucher werden eingelassen, der Saal ist voll. Es erwartet sie eine dichte Biografie, die 1934 beginnt und in eine Freundschaft mit dem kubanischen Revolutionsführer Che Guevara, dessen Fahrer er wird, mündet. Ohnehin stellt der aufmerksame Kinobesucher schnell fest, dass Ziegler bis heute Guevara tief verehrt, wenn er sich an seinem Sarg bekreuzigt. Denn schließlich hätten – so Ziegler – die Kubaner dem US-amerikanischen Imperialismus und ihren „kapitalistischen Oligarchen“ und ihrer Blockaden am längsten widerstanden.

Redegewaltig erlebt man Ziegler auf internationalem politischen Plateau oder bei Demonstrationen wie auf dem G-7-Gipfel auf Schloss Elmau im Jahr 2015, wie er Massen begeistern kann. Im Film fällt auf, dass dies fast der einzige Teil in Deutscher Sprache ist. Nahezu der gesamte Film ist in Spanischer oder Französischer Sprache mit Untertiteln, die auf den hinteren Sitzbänken schwer zu lesen sind. Eine ziemliche Herausforderung und Wermutstropfen für Besucher.

Ein menschlich dichtes, respektvolles Portrait

Filmemacher Nicolas Wadimoff, der bei Ziegler einst studierte, gelingt ein eindrucksvolles, ungestelltes, menschlich dichtes, respektvolles Portrait über den Humanisten, dem charismatischen Redner, der auch gern mal andere mit brillanter Schärfe niederdiskutiert. Inbegriffen wurde mit liebevoller Zärtlichkeit auch seine Frau Erica, Kunsthistorikerin und Kommunistin, wie er sagt.

Von der Filmidee war Ziegler nicht von Anfang an überzeugt. „Filme sind etwas gefährliches, weil man am Boden zerstört werden kann. Als Intellektueller habe ich eine einzige Waffe, das ist die Glaubwürdigkeit.“ Wegen des fehlenden Einflusses hatte er Filmangebote abgelehnt. Diesmal hatte er allerdings „eine gewisse Garantie, dass mich die beiden nicht in die Pfanne hauen.“ Gemeint waren Regisseur Nicolas Wadimoff und Produzent Emmanuel Gétaz. Überzeugt hatten ihn vor allem der Anarchist (Ziegler) Wadimoff mit seiner Webseite, der kürzlich noch einen Dokumentarfilmpreis erhalten hatte. „Ich selbst habe keine Ahnung vom Film, aber ich weiß, dass er nützlich ist für den Kampf, den wir gehen. Das war das Kriterium für mich.“

Alle fünf Sekunden stirbt ein Kind an Hunger

Eine Diskussion mit dem „Bolschewisten“ (Ziegler über Ziegler) im Anschluss an die Filmvorführung ist nicht vorstellbar ohne politischen Inhalt. „Wer verhungernde Kinder gesehen hat wie ich acht Jahre lang als Sonderberichterstatter der UNO für das Recht auf Nahrung, wenn man gesehen hat, was ich gesehen habe, dann kann man nicht schweigen, wenn man so unglaublich privilegiert ist wie ich.() 13 Prozent der Weltbevölkerung sind Weiße, und diese Weißen beherrschen als kleine Minorität seit 500 Jahren den Planeten.“

Als Ziegler die deutsche Flüchtlingspolitik von Angela Merkel lobend hervorhebt, entsteht überraschtes Raunen im Saal. Das sehen viele offenbar anders. In Deutschland schätzt er zudem die Freiheitsrechte, die die meisten Länder nicht hätten. „Das ist auf diesem Planeten ein unglaubliches Privileg.“ Der gleiche Planet, auf dem alle fünf Sekunden ein Kind an Hunger stirbt.

„...dann muss man das Schweigen brechen...“

Eine ganz schmale Finanzoligarchie habe eine Diktatur errichtet, eine Diktatur der Ausbeutung, der Unterdrückung und dies zeige diese absurde Weltordnung. Die Erde könne gut 12 Milliarden Menschen ernähren, also fast das Doppelte. „Da muss man kämpfen, da stellt sich keine Frage, sonst kann man sich nicht im Spiegel anschauen. Wie viele Millionen Menschen im Südsudan, Syrien, Afghanistan, Irak, Darfur in der Nacht stimmlos ohnmächtig zerstört werden, dann muss man das Schweigen brechen“. Er greift die schweigende Mitte der privilegierten Gesellschaft an und zitiert den Irischen Philosophen Edmund Burke: „Alles, was das Böse auf dieser Welt braucht, um zu triumphieren, ist das Schweigen der guten Menschen.“ Hoffnung und Kraft gibt ihm nach  wie vor Che Guevara, der einst sagte: „Die stärksten Mauern fallen durch Risse“. Enttäuscht hätte ihn allerdings sehr, dass aus einigen der Revolutionsführer Diktatoren geworden sind.

Doch was zu tun ist, um die Risse zu vergrößern, verrät Ziegler in seinem neuen Buch „Der schmale Grad der Hoffnung“, in dem er zum totalen Bruch mit der gegenwärtigen „kannibalischen“ Weltordnung aufruft. Er endet mit einem Zitat von Pablo Neruda aus dessen „Canto General“: „Sie können alle Blumen abschneiden, aber nie werden sie den Frühling aufhalten können“. (Hans-Dieter Hey)   

"Ein notwendiges Buch in aufregenden Zeiten", eine Rezension ist hier zu finden!  
              
Jean Ziegler: Der schmale Grad der Hoffnung
Gebundene Ausgabe: 320 Seiten
Verlag: C. Bertelsmann Verlag (13. März 2017)
Sprache: Deutsch
ISBN-10: 3570103285
ISBN-13: 978-3570103289
EURO 19,99  

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Berlin-Premiere
Dienstag, 21. März, 17 Uhr
Babylon, Rosa-Luxemburg-Str. 30, 10178 Berlin
Gäste: Regisseur Nicolas Wadimoff & Produzent Emmanuel Gétaz
Tickets erhältlich im Kino. Reservierung: 030.2425969

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