Flüchtlingsdrama Griechenland

Sie nimmt kein Ende, die Schlange der Flüchtlinge aus Syrien, Irak oder Afghanistan. Doch die See wird rauher, die Luft kälter, der Herbst kommt. Wie gefährlich die Überfahrt mit dem Schlauchboot ist, zeigt, dass an diesem Sonntag vor der Insel Farmakonisi mindestens 38 Tote eines Schlauchbootes geborgen werden mussten, darunter Babies und Kleinkinder. 68 Menschen wurden gerettet, 29 konnten sich schwimmend an Land retten. Erst am Samstag kamen vor dieser Insel Samos fünf Menschen beim Kentern zu Tode, 29 konnten gerettet werden. In Deutschland und anderswo stoßen die Kommunen auf große Herausforderungen. Offenbar ist vielen Flüchtlingen das Risiko klein, gemessen an dem, was die Menschen hinter sich haben.

Manche kommen auch aus dem Kongo auf der Insel Samos an. Oft ausgehungert, ausgemergelt, entkräftet, einige krank. Wie es weitergeht, ist vielfach abhängig davon, ob genügend finanzielle Ressourcen vorhanden sind. Manche können ein Hotelzimmer finanzieren, die meisten schlafen draußen in den Straßen.

Fast alle haben alles zu Hause zurücklassen müssen. Wir nennen sie bei uns oft „Wirtschaftsflüchtlinge“, doch sie kommen aus der Hölle. Gerade haben sie ihr Leben gerettet, der Rest ist in ihrem Rucksack. Auch Kinder müssen oft schwere Rucksäcke schleppen, die bis auf den Boden hängen. Ältere und Behinderte haben es besonders schwer. Im Hafen von Samos schläft seit Tagen eine syrische Frau mit ihren fünf Kindern. Sie wurden bereits in der Türkei von ihrem Mann und Vater getrennt. Eine schwedische Urlauberin kümmert sich, so gut wie möglich und versucht, ein Hotel für sie zu finanzieren. Das linke schwedische „Arbetarbladet“ berichtet vor Ort darüber.

Für Kleinstkinder gibt es hier so gut wie keine Babynahrung. Eine offizielle Unterstützung gibt es nur sporadisch, das Rote Kreuz vor Ort ist nur zeitweise geöffnet und scheint überfordert. Doch trotz der sichtbaren Überanstrengung strahlen viele Flüchtlinge Erleichterung aus, vorerst entkommen zu sein.

Einer erzählte, wie ein Schlauchboot am Felsen aufgeschlitzt wurde und die Havarierten gerade noch mit ihren Kindern in andere Boote klettern konnten. Ein Student telefonierte vor einigen Tagen in dem Hotel, in dem auch wir untergebracht waren mit seinem Kommilitonen, als die Bomben in der syrischen Stadt fielen. Schlagartig war im klar, dass er seinen Freund gerade verloren hatte, erzählte uns der Hotelier. Irgendwie bekommt man alles hautnah mit und ist erschüttert.

Dass durch die desaströse europäische Erpressungspolitik zunehmend verarmende Griechenland steht vor einer großen Hilflosigkeit, nicht nur auf Kos, Lesbos oder in Athen. Die Insel Samos bemüht sich, die Flüchtenden schnell zu „registrieren“ um ihnen dann die Weiterreise auf einer  Fähre nach Athen zu ermöglichen. Jeden Tag kommen ungefähr 1.000 von ihnen an, genauso viel, wie auf die Fähre passen. Die Überfahrt kostet 45 bis 70 Euro, da kommen für die Schifffahrtslinie schon mal 100.000 Euro zusammen.

Ein Polizist meinte, dass alle erst von A nach B und letztlich ins „Nirgendwo“ geschickt werden. Und wer die Zustände in Ungarn kennt, weiß worum es geht. Europa scheint bereits an dieser humanitären Frage zu scheitern. Flüchtlingen, die ihre Ausweise verloren haben, drohen dort nun bis zu drei Jahren Haft. Sieht so die europäische Wertegesellschaft aus? Offenbar haben Länder wie Ungarn, Polen und andere ehemalige Ostblockstaaten noch nicht begriffen, was die Teilnahme an Europa, von dem sie am meisten profitieren, bedeutet. Man möchte sich nicht vorstellen, wenn es größere Herausforderungen gibt.

Auf Samos bekommen viele Flüchtenden in den Restaurants außer „Take-Aways“ nichts zu Essen, weil manche Besitzer Angst haben, dass die Gäste wegbleiben. In der Nähe der Hafenpolizei gibt es die Taverne „Artemis“, die Flüchtlingen nicht einmal Trinkwasser verkaufen wollte. Wir werden sie nicht mehr aufsuchen. Auch im Nonnenkloster Agia Zóni wurden Hilfesuchende abgewiesen.

Anders der Schnellimbiss „Pastel“ in Samos Stadt mit den jungen freundlichen Besitzern Crisa und Manolis. Hier konnten manche sich ausruhen und etwas essen und trinken. Einige von ihnen – 16 Syrer und acht Iraker hatten wir in den Schnellimbiss zum Durchatmen, Essen und Trinken eingeladen, nachdem verschiedene Restaurants sie abgelehnt hatten. Ganz in der Nähe ein Spielplatz, auf dem sich Flüchtlingskinder tummelten und ein wenig Glück tanken konnten auf ihrer traumatisierenden Irrfahrt. Der kleine Tarik konnte einige Tage einen kleinen Hund an der Leine führen – überglücklich. Von den großen Hilfsorganisationen sieht man hier nichts. Doch Touristen, oder Menschen, die sich hier niedergelassen haben, zeigen mit einigen Einheimischen ein großes Maß an Hilfsbereitschaft. Manche sind sogar nur zum Helfen hergekommen.
 
Noch in Köln war es gelungen, anlässlich einer privaten Spendensammlung 1.300 Euro zusammen zu bekommen, Flüchtlingen sowohl vor Ort als auch der Organisation Ärzte ohne Grenzen zukommen zu lassen. Hiervon wurde bisher Kleinkindernahrung, Lebensmittel oder Malutensilien gekauft. (Edith Lingen, Hans-Dieter Hey)

Mohammed ist mit seiner Mutter auf der Flucht und erzählt. Seine Geschichte ist hier!

Hier ein Beitrag des Migrazin zur unsinnigen Unterscheidung von „Wirtschaftsflüchtlingen“ und anderen.

Zur Berichterstattung des Mainstreams auf Telepois vom 21.9. hier!

Hier ein Beitrag aus der New York Times vom 8. September, der nochmals auf die Fluchtursachen hinweist

Update am 18.11.2015 hier: Von wegen Willkommenskultur – Das Scheitern von Angela Merkel.

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