30 Jahre Anschluss! Aber Teilung! Und Spaltung!

Sicher, vieles ist schöner und bunter geworden. Und auch nach Malle in Urlaub fahren. Doch zahlreiche Menschen im Osten, aber auch im Westen des Landes halten den Anschluss der DDR immer noch für eine Annexion, zweifeln an der Geschichtsschreibung der Sieger und setzen ihre Sicht auf die Dinge entgegen. Zunehmend auch junge Menschen. „Unentdecktes Land“ ist eine solche Gruppe, viele von ihnen unter 30. Trotz Corona tritt die Gruppe wieder auf am 30. Jahrestag des Einheitstaumels. „Frieden statt Bundeswehr – Druschba statt Nazis – Leben statt Überleben: Die DDR war anders“, heißt ihre Ausstellung. Unten mehr!

Verzichten wir einfach auf das Hässliche, das Antidemokratische, den Mauerbau. Das wird nicht bestritten und wird uns ohnehin seit Jahren ausschließlich durch „Westmedien“ in die Gehirne gebrannt. Denn „Ostmedien“ außer der Jungen Welt und dem Neuen Deutschland gibt es nicht mehr. Sie wurden entsprechend dem kapitalistischen Verwertungsinteresse und zur Sicherung der „Vierten Gewalt“ angeschlossen oder abgewickelt.

„Wir sind das Volk“

Der Wandel kam nicht – wie uns suggeriert wird – durch eine Revolution, zu der man damals schlichtweg mit einer Bahnfahrkarte (Jens Reich) fahren konnte. Es war der starke politische Veränderungsdruck der Straße in eigener Sache. Denn die Mehrzahl der Bürgerinnen und Bürger wollte auf keinen Fall die vollständige Aufgabe ihrer DDR, sondern die Beibehaltung ihrer gesellschaftlichen und kulturellen Verhältnisse, wie die Arbeit des „Runden Tisches“ dies zweifellos bezeugt. Deutlich hieß es daher auf den Plakaten auch nicht „Wir sind ein Volk“, sondern „Wir sind das Volk“. Eine Anzeige am heutigen Tage zeigt allerdings, worum es jenseits von Gefühlstaumeln wirklich ging und geht: „30. Jahr der Deutschen Einheit – 30 Prozent auf Alles – solange Vorrat reicht – Viel Spaß bei der Schnäppchenjagd!“

Mit dem Anschluss wurde die politische und gesellschaftliche Teilung vorangetrieben und ist bis heute manifestiert. Die Bürgerinnen und Bürger der DDR waren – außer ihrer formellen Zustimmung – vom Vereinigungsprozess ausgeschlossen und konnten sich am Enden nur noch dem Druck beugen, „irgendwelchen“ Anschluss und die D-Mark zu wollen. Mit anderen Worten: Sie wurden einfach über den Tisch gezogen. Noch damals hatte die Chance bestanden, eine gemeinsame Verfassung zu gestalten. Doch die politischen Entscheider setzten sich über diese Möglichkeit des Grundgesetzes hinweg. 30 Jahre Anschluss und immer noch geteilt.

Der Sieg der Chimäre

Abgeschnitten auch von Russland, weil es politisch nicht opportun war, vernünftige Beziehungen aufzubauen. Ein Land, dass fraglos historisch-geistig und geographisch zu Europa gehört. Heute stehen NATO und Bundeswehr-Soldaten an russischen Grenzen. Dabei wäre es für unsere Zukunft entscheidend gewesen, die ehemals guten persönlichen Kontakte der DDR zur Sowjetunion dafür zu nutzen. Nun wird in Kauf genommen, dass – wenn die USA in absehbarer Zeit in sich zusammenfällt – Europa recht klein gegen das mächtige China aussieht und wenig Verhandlungsmacht entgegensetzen kann. Ein China, das in seiner Verfassung die Weltherrschaft vorsieht. Und gerade jetzt erweist sich der Sieg des Westens als Chimäre.

Der Sieg des Kapitals

Der größte Sieg des Kapitalismus ist die Spaltung der Gesellschaft, heißt es. In unserem Fall nicht nur zwischen Ost und West, sondern darin noch einmal zwischen „Oben“ und „Unten“. Es ist mit nichts zu begründen, dass die Besiedelung in Ostdeutschland wie im Jahre 1905, Renten im Osten niedriger, die Löhne geringer, das Ersparte geringer, die Arbeitszeiten länger, der Urlaub kürzer ist. Es ist eine vergeigte Einheit, wenn es nach 30 Jahren – einer Menschengeneration mit vielen Wendeopfern – nicht gelungen ist, für alle gleiche Bedingungen und soziale Einheit herzustellen. Denn wer ausgegrenzt wird, wendet sich von der Politik ab, von der er sich verraten fühlt. Und wählt aus Protest rechts. Und diesen Menschen ist es inzwischen egal, ob sie damit das Falsche wählen und eine noch größer Spaltung wählen. US-Amerika lässt gerade grüßen! 03.10.2020, Hans-Dieter Hey, Fotos: Unentdecktes Land)

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