Pro-Köln-Plakate: Freispruch im Kabelbinder-Prozess

Vor fast zwei Jahren regten sich Bürger in Köln über die rassistische Hetze von Pro-Köln auf deren Wahlplakaten auf und fanden es im öffentlichen Interesse, zwanzig der Plakate mit Sprüchen wie „Angsträume Stadt – Wir haben’s satt“, „Asylbetrüger Raus“, „Bürgermut stoppt Asylantenflut“ oder „Wut im Bauch – Lass es raus“ zu entfernen und Anzeige wegen Volksverhetzung zu erstatten. Sofort nach der Tat hatten 17 der aufgebrachten Bürger die abgehängten Plakate fein säuberlich und unbeschädigt der Polizeiwache übergeben und Selbstanzeige erstattet. Gegen Zahlung von 50 Euro Buße wurden die Verfahren dann eingestellt.

Heute, am 13. Juli 2016, kam es zum Hauptverfahren gegen Elke Schön, einer der mutmaßlichen Mittäterinnen. Sie hatte die Geldbuße abgelehnt. Heute wurde sie freigesprochen. Der zweite Angeklagte, Kurt Holl, war am 17. Dezember 2015 verstorben. Er war Alternativer Ehrenbürger der Stadt Köln, ein „toller Mensch und toller Kämpfer“ (Hedwig Neven DuMont) und ausgewiesener Fachmann für die Integration von Roma-Migranten in Deutschland. Ihm wurde 2007 den „Rheinlandtaler“ verliehen. Gegen ihn fand bereits 2015 das Verfahren – allerdings ohne Ergebnis – statt. Heute stellte sich nun heraus, dass Holl überhaupt nicht zur Tatzeit anwesend war. Bereits am 24. Juni 2015 wurde Antrag auf Einstellung des Verfahrens gestellt.

Dass sich Bürger gegen rechte Hetze zur Wehr setzen, dem konnte sich auch Staatsanwalt Ulf Willuhn anschließen. Er fand die Pro-Köln-Plakate „verabschäuungswürdig“ und „widerwärtig“. Jeder Bürger müsse sie ablehnen, der ein Interesse an einem friedlichen Zusammenleben in der Stadt habe. Dennoch waren für ihn die Hetztiraden auf den Plakaten für den Vorwurf der Volksverhetzung „strafrechtlich nicht relevant“, sondern die Zerstörung der Kabelbinder an den Plakaten. Doch dazu hatte die Staatsanwaltschaft wenig an Beweismitteln anzubieten. Denn außer der Tatsache, dass die Angeklagte wie viele andere entrüstete Bürger am Ort waren, konnte zweifelsfrei weder ein konkreter Tatbeitrag noch eine Tatbeteiligung an der Zerstörung der Kabelbinder auch nur an einem einzelnen der 20 Doppelplakate nachgewiesen werden.

Eberhard Reinecke, Strafverteidiger von Elke Schön, warf der Staatsanwaltschaft deshalb vor, sie habe ohne konkret nachweisbaren Tatbeitrag „das Verfahren bewusst herbeigeführt“. Dabei lag nicht einmal eine Anzeige der rechtspopulistischen Partei Pro-Köln vor. In einer Pressemitteilung von Reinecke heißt es: „Dass die Anklage nicht nur politisch verheerend, sondern auch juristisch äußerst schlampig gefertigt war, hatten wir bereits im Verfahren gegen Kurt Holl in einem Antrag auf Einstellung des Verfahrens ausgeführt.“

Was die Zerstörung von Kabelbindern angeht, hatte das Verfahren zeitweise etwas vom „Königlich-Bayrischen-Amtsgericht“, das sich in den 1960ern als Klamauk-Fernsehendung mit ironischem Gesellschaftsbild mit derart „schwerwiegenden“ Prozessen beschäftigte.

Überhaupt nicht lustig, aber auf den unerträglichen politischen Hintergrund der Plakataktion weisend war die Einlassung von Eva Schön zu Beginn des Verfahrens: „Kabelbinder sind ersetzbar, die Menschenwürde jedoch nicht“. (Hans-Dieter Hey)

Der vollständige Beitrag von Elke Schön ist hier nachzulesen!

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