Zu den Untoten des Kapitals am 25. November

„Wir Untoten des Kapitals“ – eine Online-Veranstaltung der Rosa-Luxemburg-Stiftung NRW am 25. November ab 20 Uhr hier einwählen:

Wir Untoten des Kapitals – livestream beendet

Zu Raul Zeliks Buch:

Im Prinzip ist eine ökonomisch-soziale-ökologische Wende lange angezeigt. Im Prinzip. Doch offenbar wird Zukunft von Gesellschaften eher ruiniert, als dass Menschen ihr Verhalten ändern. Teils mangels eigenem Veränderungswillen. Vor allem aber die Vertreter des Neoliberalismus, die Untoten des Kapitals in Politik und Wirtschaft, als Zombies – noch nicht ganz tot, doch nur halb noch lebend – versuchen den notwendigen Wandel möglichst lang hinauszuzögern. Klimakollaps, zerstörte Kultur, Infrastruktur, Bildung, Gesundheitsvorsorge und vieles mehr sind die unzweideutigen Folgen durch unsere Form des Wirtschaftens. Diesen Zerstörungsmechanismus des Neoliberalismus deckt Raul Zelik mit seinem Buch „Wir Untoten des Kapitals“ auf, zieht Schlussfolgerungen und macht Transformationsvorschläge. Denn die gegenwärtige Form der Wertschöpfung schaffe keinen gesellschaftlichen Reichtum mehr. Weiter hier!


Zertrümmerung der Wohlfahrt

Letztendlich sei – so Zelik – der Neoliberalismus nur ein „politisches Projekt zur Zertrümmerung des Wohlfahrtsstaates“ und bestätigt damit den britischen Wissenschaftler Paul Mason. Zelik geht auch differenziert ins Gericht mit sozialistischen Fehlern und staatssozialistischem Scheitern in der Vergangenheit. Entwicklungen allerdings, aus denen man gelernt habe. Es müsse nun neu über einen „Neosozialismus“ – wie bereits von Klaus Dörre 2017 gefordert – nachgedacht werden, weil auch die staatssozialistischen Formen der Vergangenheit kein wirksames Korrektiv gegen die Akkumulation politischer Macht gehabt hätten (Zitat Hannah Arendt).

Links müsse daher neu gedacht werden. Dabei sei links, „was gesellschaftliche Gegenkräfte gegen die Markt-, Konkurrenz- und Inwertsetzungslogik mobilisiert und Solidarität organisiert“. Neu sei eine „Mischung aus linkem Green New Deal, Infrastruktursozialismus und Wirtschaftsdemokratie“. Und wenn „die Zellform des Kapitalismus die Ware ist, dann ist die Zellform des Kommunismus das Gemeingut“ beruft sich Zelik auf Nick Dyer-Witheford.

Commons, Caring und solidarische Ökonomie

Raul Zelik bleibt nicht bei der theoretischen Auseinandersetzung stehen sondern macht überzeugend zukunftsweisende Vorschläge. Ein „grüner Sozialismus“ müsse weg vom kapitalistischen „Mehr“ und hin zu einer Verlangsamung des Stoffwechsels der Natur, dabei müsse Reichtum weltweit umverteilt werden. Die Wachstumslogik solle sich künftig deutlich auf öffentliche Infrastrukturen, entgeltfreien Nahverkehr und umweltschonende Technologien ohne esotherischen Bezug beschränken. „Natur und menschliche Zivilisation werden dabei nicht als Gegensatz, sondern als Einheit begriffen“, so Zelik. Die neuen Begriffe zur Veränderung sind Commoning, Caring und solidarische Ökonomievorstellungen. Gemeingut wie Ecommonie, wie die Volkswirtschafterin Friederike Habermann 2017  meinte. 

Die Machtfrage stellen

Dabei sei eine stärkere gesellschaftliche Beteiligung zur Durchsetzung der Transformation notwendig. Dazu müssen die Menschen für sich die Machtfrage als „revolutionäre Realpolitik“ (Zitat Rosa Luxemburg) entdecken. Die notwendige Kehrtwende von unseren kulturellen Mustern vom „ich“ zum „wir“ geschieht allerdings durch Aufklärung und die Bewusstwerdung durch uns selbst. Neben unserer genetischen Grundlage aber produzieren „die sozialen Verhältnisse, Kulturformen, Wertesysteme und Umweltbedingungen“, die aufgebrochen werden müssen.

Vielleicht geht es auch nur um „das Mittlere“, wie Berthold Brecht einst meinte. „Um das Allernächstliegende und Vernünftige. Nämlich um einen sozialen Rahmen, der uns die Angst vor sozialem Abstieg nimmt, zum Teilen ermutigt, einfühlendes Verhalten belohnt und die Zusammenarbeit erleichtert. Nicht viel mehr, als man Kindergartenkindern in einer guten Vorschule zu vermitteln versucht“, so Raul Zelik. Möglicherweisen braucht man auch noch einige dieser Zombies für die Transformation. Manche hätten bereits begriffen, und „plädieren für eine Verstaatlichung von Untermehmen.“ Vielleicht auch nur, um sich vor ausländischen Übernahmen zu schützen.

Zelik verbindet wissenschaftliche Analyse mit lesbarer Erzählform und macht das Buch vielen Lesern zugänglich. Das Buch ist ein Muss, will mach sich ernsthaft mit der Zukunft auseinandersetzen. (23.11.2020, Hans-Dieter Hey)

Raul Zelik
Wir Untoten des Kapitals. Über politische Monster und einen grünen Sozialismus.
Suhrkamp Verlag, Berlin, 2020
ISBN: 978-3-518-12746-9.
328 Seiten. 18,00 Euro.

3 Gedanken zu „Zu den Untoten des Kapitals am 25. November“

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