Ruhe, aber nicht in Frieden – Bilder aus dem Hambacher Forst


Variablen setzten Beginn

Der Hambacher Forst, einst 5.500 Hektar groß, misst inzwischen lediglich 800 Hektar. Der Rest ist der Braunkohle geopfert, die in den Kraftwerken an der Peripherie von Köln zur Stromerzeugung klimaschädlich verbrannt wird. Nach dem Pariser Klimaabkommen war die Hoffnung groß, dass die Bundes- und Landespolitik politisch umsteuern würde. Doch die Braunkohlelobby ist zu stark und ein klares Ausstiegszenario wurde bis in die Substanzlosigkeit relativiert. Und so schmilzt die Waldfläche weiter. Jahr für Jahr rodet RWE wertvollen Waldbestand und vernichtet damit einen einst europaweit einmaligen Forst. Die Braunkohle wird für die Energiesicherheit nicht mehr benötigt und könnte im Boden verbleiben. Aktuell könnte mindestens ein Tagebau geschlossen werden, ohne dass in der Bundesrepublik „das Licht ausgeht“. Die Energie aus regenerativen Quellen nimmt stetig zu. Aber der Anteil der Energie, gewonnen aus Braunkohle, geht nicht zurück, sondern bleibt in etwa konstant. Die Folge ist eine Überkapazität an klimaschädlich erzeugtem Strom. 57 Terrawattstunden Braunkohlestrom wurden im Jahr 2015 ins Ausland verkauft, aber nur 24 Terrawattstunden eingekauft.

Mit der Erkenntnis, dass die fossile Verbrennung das Klima nachhaltig schädigt, verstärkte sich der bereits seit den 70er Jahren bestehende Protest gegen die Braunkohleverstromung und spätestens seit der Waldbesetzung des Hambacher Forstes im Jahr 2012 ist der Protest auch in die Öffentlichkeit gelangt. Die Klimacamps, die Menschenketten in der Lausitz und Garzweiler, die öffentlichkeitswirksamen Aktionen von Ende Gelände usw. sind weitere Bausteine, die auf ein konkretes klimapolitisches Handeln hinweisen. Auch im Hambacher Forst ist der aktive Protest trotz Räumung des 1. Camps, der Baumhäuser und des Tunnels nicht beendet. Ein braunkohlekritischer Bewohner aus Kerpen-Buir stellte den Besetzern direkt im Anschluss an die Räumung seine Wiese zur Verfügung und verteidigt die dortige Anwesenheit der Aktivisten bis vor die Gerichte.

Die Strategie von RWE zielt darauf ab die Aktivisten zu kriminalisieren und darüber die Legitimation zu schaffen die Wiese räumen zulassen. Die Mittel, zu denen RWE greift, können häufiger mit dem Begriff „postfaktisch“ umschrieben werden. Tatbestände werden konstruiert. Die Aktivisten differenzieren zwischen legitim und legal. Angesichts des Klimawandels stellen sie die Legitimität der Braunkohleförderung infrage und beziehen im Weiteren aus der Differenzierung für sich das Recht, durch nicht legale aber legitime Mittel die Braunkohleförderung einzuschränken und RWE zu schaden. Wie weit der Einzelne in seinem Protest geht, ist seiner ganz persönlichen Autonomie überlassen. Ein gruppenübergreifender Konsens besteht nicht.

RWE reduziert die Kritik an der klimaschädlichen Braunkohle auf die „kriminellen Waldbesetzer“ und klammerte den bürgerlichen Protest aus, der ja durchaus mit den „Waldbesetzern“ in Beziehung stand und steht. Wo sonst sollen die Waldbesetzer ihre Grundbedürfnisse wie intensivere Hygiene, Wäschewaschen, medizinische Versorgung, Nahrung, Geld, aber auch Gespräch und Reflexion befriedigen. Bereits zu Beginn des Jahres 2016 trafen sich unterschiedlichste bürgerliche Gruppen, wie die verschiedenen Kirchen, Parteien, Bürgerinitiativen und Einzelpersonen, um einen sogenannten Friedensplan zu erarbeiten. Ein Kernpunkt war, dass RWE in der Rodungssaison, Oktober 2016 bis Februar 2017, keine Rodungsarbeiten vornimmt und die Trasse der ehemaligen Autobahn A4 durch Rodungen nicht überschritten wird. Damit wären Konfrontation zwischen den Waldbesetzern und RWE-Mitarbeitern vermieden worden und die Zeit bis zur nächstfolgenden Rodungssaison hätte für konstruktive Lösungen genutzt werden können. Diese Initiative wurde öffentlich publiziert und es hatte den Anschein, dass RWE darauf eingeht. Der Pressevertreter teilte mit, dass die bereits gerodete Fläche für zwei bis drei Jahre ausreicht, um den Tagebaubetrieb weiter zu führen. Die „Friedensinitiative“ unterstrich ihre Forderung durch eine Menschenkette, die am 23.10.2016 auf der alten Trasse der A4 eine rote Linie bildete. An der Aktion beteiligten sich etwa 1.000 Personen.

Aber ab dem 2.11.2016 war es vorbei mit der Ruhe im Wald. RWE setzte seine unnötigen Rodungsarbeiten fort und überschritt die rote Linie. Geopfert wurden 70 Hektar Wald, aber nicht für den fortschreitenden Tagebau. Geopfert wurde er, damit RWE den 1.200 Jahre alten und durch Menschenhand unberührten Waldboden mit minderwertigeren Böden mischen kann, der für Rekultivierungszwecke genutzt wird. Es folgten Steinwürfe, Übergriffe und ein massives Polizeiaufgebot, das für RWE die Rodungsarbeiten absicherte. Auf einer durch die Polizei eingeladenen Pressekonferenz wurden Nagelbretter, Bitumenbomben und andere Utensilien präsentiert, um die Gefährlichkeit der Waldbesetzer zu unterstreichen. Das Handeln des Stromkonzerns wurde nicht hinterfragt.

In einem Aktionsadventskalender formierte sich der „bürgerliche“ Protest, den ich in diesem Beitrag verdeutlichen will. Vom 01.12. bis zum 24.12. wurde täglich ein neues Türchen geöffnet und Gruppen oder Initiativen konnten ihren Beitrag einbringen, der unter http://wortkulturen.de/category/aktionsadventskalender/ veröffentlicht wurde. An verschiedenen Aktionen beteiligte ich mich als Fotograf. Eine Auswahl an Fotos ist hier zu sehen.

Einstieg: Die Menschenkette am 23.10.2016 und anschließende Rodungen

02.12. Mis innogy begutachtet ihre innovativen Geschäftsideen im Hambacher Forst

03.12. Unsere Steine sind Brötchen und unsere Barrikaden sind gedeckte Frühstückstische – Blockade der Zufahrt zu den Rodungsflächen

05.12. Traditioneller Barbara-Empfang von RWE im Schloss Paffendorf – Barbara, die Schutzpatronin der Bergleute, wendet sich ab und weint

10.12. Tanz der Verzweiflung an der Tagebaukante

11.12. Dreiunddreißigste Führung mit 280 Personen durch den Hambacher Forst

15.12. Schadensersatzklage eines peruanischen Bauern gegen RWE in Essen

19.12. Im Wald der sprechenden Bäume

21.12. Eröffnung des Waldmuseums

21.12. Die Initiative Buirer für Buir feiert ihren 9. Geburtstag

24.12. Wir schaufeln den Tagebau zu.

Der Hambacher Forst, einst 5.500 Hektar groß, misst inzwischen lediglich 800 Hektar. Der Rest ist der Braunkohle geopfert, die in den Kraftwerken an der Peripherie von Köln zur Stromerzeugung klimaschädlich verbrannt wird. Nach dem Pariser Klimaabkommen war die Hoffnung groß, dass die Bundes- und Landespolitik politisch umsteuern würde. Doch die Braunkohlelobby ist zu stark und ein klares Ausstiegszenario wurde bis in die Substanzlosigkeit relativiert. Und so schmilzt die Waldfläche weiter. Jahr für Jahr rodet RWE wertvollen Waldbestand und vernichtet damit einen einst europaweit einmaligen Forst. Die Braunkohle wird für die Energiesicherheit nicht mehr benötigt und könnte im Boden verbleiben. Aktuell könnte mindestens ein Tagebau geschlossen werden, ohne dass in der Bundesrepublik „das Licht ausgeht“. Die Energie aus regenerativen Quellen nimmt stetig zu. Aber der Anteil der Energie, gewonnen aus Braunkohle, geht nicht zurück, sondern bleibt in etwa konstant. Die Folge ist eine Überkapazität an klimaschädlich erzeugtem Strom. 57 Terrawattstunden Braunkohlestrom wurden im Jahr 2015 ins Ausland verkauft, aber nur 24 Terrawattstunden eingekauft.

Mit der Erkenntnis, dass die fossile Verbrennung das Klima nachhaltig schädigt, verstärkte sich der bereits seit den 70er Jahren bestehende Protest gegen die Braunkohleverstromung und spätestens seit der Waldbesetzung des Hambacher Forstes im Jahr 2012 ist der Protest auch in die Öffentlichkeit gelangt. Die Klimacamps, die Menschenketten in der Lausitz und Garzweiler, die öffentlichkeitswirksamen Aktionen von Ende Gelände usw. sind weitere Bausteine, die auf ein konkretes klimapolitisches Handeln hinweisen. Auch im Hambacher Forst ist der aktive Protest trotz Räumung des 1. Camps, der Baumhäuser und des Tunnels nicht beendet. Ein braunkohlekritischer Bewohner aus Kerpen-Buir stellte den Besetzern direkt im Anschluss an die Räumung seine Wiese zur Verfügung und verteidigt die dortige Anwesenheit der Aktivisten bis vor die Gerichte.

Die Strategie von RWE zielt darauf ab die Aktivisten zu kriminalisieren und darüber die Legitimation zu schaffen die Wiese räumen zulassen. Die Mittel, zu denen RWE greift, können häufiger mit dem Begriff „postfaktisch“ umschrieben werden. Tatbestände werden konstruiert. Die Aktivisten differenzieren zwischen legitim und legal. Angesichts des Klimawandels stellen sie die Legitimität der Braunkohleförderung infrage und beziehen im Weiteren aus der Differenzierung für sich das Recht, durch nicht legale aber legitime Mittel die Braunkohleförderung einzuschränken und RWE zu schaden. Wie weit der Einzelne in seinem Protest geht, ist seiner ganz persönlichen Autonomie überlassen. Ein gruppenübergreifender Konsens besteht nicht.

RWE reduziert die Kritik an der klimaschädlichen Braunkohle auf die „kriminellen Waldbesetzer“ und klammerte den bürgerlichen Protest aus, der ja durchaus mit den „Waldbesetzern“ in Beziehung stand und steht. Wo sonst sollen die Waldbesetzer ihre Grundbedürfnisse wie intensivere Hygiene, Wäschewaschen, medizinische Versorgung, Nahrung, Geld, aber auch Gespräch und Reflexion befriedigen. Bereits zu Beginn des Jahres 2016 trafen sich unterschiedlichste bürgerliche Gruppen, wie die verschiedenen Kirchen, Parteien, Bürgerinitiativen und Einzelpersonen, um einen sogenannten Friedensplan zu erarbeiten. Ein Kernpunkt war, dass RWE in der Rodungssaison, Oktober 2016 bis Februar 2017, keine Rodungsarbeiten vornimmt und die Trasse der ehemaligen Autobahn A4 durch Rodungen nicht überschritten wird. Damit wären Konfrontation zwischen den Waldbesetzern und RWE-Mitarbeitern vermieden worden und die Zeit bis zur nächstfolgenden Rodungssaison hätte für konstruktive Lösungen genutzt werden können. Diese Initiative wurde öffentlich publiziert und es hatte den Anschein, dass RWE darauf eingeht. Der Pressevertreter teilte mit, dass die bereits gerodete Fläche für zwei bis drei Jahre ausreicht, um den Tagebaubetrieb weiter zu führen. Die „Friedensinitiative“ unterstrich ihre Forderung durch eine Menschenkette, die am 23.10.2016 auf der alten Trasse der A4 eine rote Linie bildete. An der Aktion beteiligten sich etwa 1.000 Personen.

Aber ab dem 2.11.2016 war es vorbei mit der Ruhe im Wald. RWE setzte seine unnötigen Rodungsarbeiten fort und überschritt die rote Linie. Geopfert wurden 70 Hektar Wald, aber nicht für den fortschreitenden Tagebau. Geopfert wurde er, damit RWE den 1.200 Jahre alten und durch Menschenhand unberührten Waldboden mit minderwertigeren Böden mischen kann, der für Rekultivierungszwecke genutzt wird. Es folgten Steinwürfe, Übergriffe und ein massives Polizeiaufgebot, das für RWE die Rodungsarbeiten absicherte. Auf einer durch die Polizei eingeladenen Pressekonferenz wurden Nagelbretter, Bitumenbomben und andere Utensilien präsentiert, um die Gefährlichkeit der Waldbesetzer zu unterstreichen. Das Handeln des Stromkonzerns wurde nicht hinterfragt.

In einem Aktionsadventskalender formierte sich der „bürgerliche“ Protest, den ich in diesem Beitrag verdeutlichen will. Vom 01.12. bis zum 24.12. wurde täglich ein neues Türchen geöffnet und Gruppen oder Initiativen konnten ihren Beitrag einbringen, der unter http://wortkulturen.de/category/aktionsadventskalender/ veröffentlicht wurde. An verschiedenen Aktionen beteiligte ich mich als Fotograf. Eine Auswahl an Fotos ist hier zu sehen.

Einstieg: Die Menschenkette am 23.10.2016 und anschließende Rodungen

02.12. Mis innogy begutachtet ihre innovativen Geschäftsideen im Hambacher Forst

03.12. Unsere Steine sind Brötchen und unsere Barrikaden sind gedeckte Frühstückstische – Blockade der Zufahrt zu den Rodungsflächen

05.12. Traditioneller Barbara-Empfang von RWE im Schloss Paffendorf – Barbara, die Schutzpatronin der Bergleute, wendet sich ab und weint

10.12. Tanz der Verzweiflung an der Tagebaukante

11.12. Dreiunddreißigste Führung mit 280 Personen durch den Hambacher Forst

15.12. Schadensersatzklage eines peruanischen Bauern gegen RWE in Essen

19.12. Im Wald der sprechenden Bäume

21.12. Eröffnung des Waldmuseums

21.12. Die Initiative Buirer für Buir feiert ihren 9. Geburtstag

24.12. Wir schaufeln den Tagebau zu.

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