„Ende Gelände – Kohlebagger stoppen“


Variablen setzten Beginn

Am Samstag, den 15. August, versuchten mit dem Slogan „Ende Gelände – Kohlebagger stoppen. Klima schützen!“ 700 Menschen den Tagebau Garzweiler in NRW zu stürmen, um die riesigen Abraumbagger durch Besetzung zu blockieren. Sie mussten vom Eigner RWE Power abgeschaltet werden, nachdem die Demonstranten die Polizeisperre durchbrochen hatten. Es sollte die bisher „größte Akton der deutschen und europäischen Klimabewegung vor dem Klimagipfel in Paris“ werden, der vom vom 30. November bis 11. Dezember 2015 stattfindet.
 
Der zivile Ungehorsam wurde von den Aktivisten in Kauf genommen, weil er „angesichts der Dringlichkeit der Klimakrise für notwendig und angemessen“ gehalten wird, ist Pressesprecher Martin Weis überzeugt. Gewaltfreiheit war im Protest inbegriffen: „Von uns wird keinerlei Eskalation ausgehen. Von denjenigen, die in den Tagebau gehen, wird es nicht zu Beschädigungen oder Zerstörungen von Infrastruktur oder Baggern kommen. Es geht um eine Aktion des zivilen Ungehorsams“, ergänzt Pressesprecherin Monika Bricke. Wie berichtet wurde, war die Polizeiführung an einer Deeskalion offenbar nicht interessiert.

Mit dem Ungehorsam dieser zivilgesellschaftliche Protestaktion hatte die Polizei ihre Probleme und reagierte völlig überfordert mit Pfefferspray und Schlagstöcken. Auch Journalisten klagten, in ihrer Arbeit behindert worden zu sein. Meldungen zu Folge wurde einer der Journalistin gar Handschellen angelegt, einem Fotografen wurde Pfefferspray in das Auge gesprüht. Zahlreiche Festnahmen folgten. Am Sonntag hieß es, dass 800 Anzeigen wegen Hausfriedensbruch erstatte wurden.

Weil ein Teilnehmer einer Gruppe von vielleicht 30 Demonstranten einen Mundschutz anhatte, der von der Polizei als „Passivbewaffnung“ interpretiert wurde, wurde diese Gruppen unter einer Brücke festgehalten und eingekesselt. Auch über die umfangreichen Absperrungen kamen Journalisten nicht an die notwendigen Orte, um ihre Arbeit zu machen. Im Klimacamp trafen am späten Nachmittag von Polizeiübergriffen Verletzte ein. Offenbar, so scheint es, sind manche Uniformträger mit ihrer Arbeit überfordert. Am späten Nachmittag löste sich die Protestaktion auf, die von Attac, BUND, Campact, Aktion Niederlausitz und Climacamp, Antiatom-Bewegung, Graswurzel-Bewegung, Degrowth-Bewegung und anderen unterstützt wurde.

Doch worum geht es eigentlich?

Im Rheinischen Braunkohlerevier stehen drei der schädlichsten Kohlekraftwerke in ganz Europa unter der Führung von RWE Power. Und in der Tat scheint eine schnelle Wende bei der Kohleverstromung notwendig. Die REW-Kraftwerke in Neurath, Niederaußem und Weisweiler in Nordrhein-Westfalen zählen zu den 10 klimaschädlichsten in Europa, vier der fünf klimaschädlichsten befinden sich in Deutschland.

Die teilweise über 50 Jahre alten Kraftwerke schleudern bis zu 1.188 g CO2/kWh aus, selbst die „optimierten“ Meiler schaffen gerade mal etwa 950 g. In NRW werden jährlich 300 Millionen Tonnen Kohlendioxid ausgestoßen, allein für die RWE Power-AG 100 Mio. Insgesamt stiegen die Treibhausemmissionen seit 1990 um 10 Prozent an. Neue Kraftwerkblöcke sollen jedoch nach Auskunft des BUND in Betrieb genommen werden, ohne dass in entsprechender Weise alte abgeschaltet werden. Wobei Matthias Hartung, Vorstandsvorsitzender der RWE Power AG (CEO), noch erklären muss, wie er dann bis zum Ende des Jahrzehnts 10 bis 15 Prozent weniger Braunkohle verstromen kann.

Merkels Klimashow

Während Bundeskanzlerin Angela Merkel vollmundig in ihrer „Klimashow“ auf dem G7-Gipfel noch von der „Dekarbonisierung“ der Weltwirtschaft sprach und diese Welt erwartungsvoll auf ihren Mund blickte, stampfte ihr Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel kurz darauf – sicher nicht ohne Abstimmung mit ihr – das hohle Lippenbekenntnis wieder ein. Der immer wieder pressewirksam angekündigte Klimawandel scheitert seit 21 Jahren – verpasste Chancen für nachfolgende Generationen.

Vor allem mit dem jähen Ende der Klimaabgabe für Kohlekraftwerke wurden die Klimaziele gekippt und in NRW trat politischer Dissens offen zutage. Während NRW-Wirtschaftsminister Garrelt Duin (SPD) von einem „guten Gesamtpaket für NRW“ sprach, kritisiert Umweltminister Johannes Remmel den Beschluss und spricht von „keinem guten Tag für den Klimaschutz“. Die Abgabe sollte Kraftwerke mit besonders hohem CO2-Ausstoß belasten. Gabriel knickte nach heftigem Protest von Energiekonzernen und Gewerkschaften ein.

In der Luft: tödliches Quecksilber und Arsen

Nach Angaben des Kohleatlas 2009 gab es 18.200 Todesfälle, 2,1 Millionen Tage mit Arzneimitteleinnahme, 4,1 Millionen verlorene Arbeitstage und 28,6 Millionen Fälle von Atemwegserkrankungen. Je ca. 250 t Förderung werden jährlich ca. 150 kg Quecksilber, 30 kg Blei und 23 kg Arsen an die Luft abgegeben. Zum Vergleich: die tödliche Dosis von Quecksilber liegt zwischen 0,2 und 1g. Bei Arsen reichen 60 bis 170 mg, um menschliches Leben zu vernichten.

Der Essener Energiekonzern RWE wil im Rheinischen Revier bis zum Ende des Jahrzehnts 10 bis 15 Prozent weniger Braunkohle verstromen. Das kündigte der Chef der RWE-Erzeugungssparte RWE Generation, Matthias Hartung, am 14.07.2015 an. Bis zu 1.000 Arbeitsplätze, also jeder zehnte Job, sollen abgebaut werden.

Indessen zahlt sich der lobbygepuschte und mit Steuersubventionen angetriebene Braunkohletagebau auch für RWE immer weniger aus, weil der Konzern den Energiewandel verpennt hat. Für 2015 rechnet das Unternehmen mit einem Rückgang des Betriebsergebnisses von 4 Mrd. Euro auf 3,6 Mrd. im Vorjahr. Seit 2013 gab es ca. 13.000 Beschäftigte weniger, es wird zunehmend mit Zeitarbeitsunternehmen zusammengearbeitet.

Offenbar nimmt die Bundesregierung den großen Klimaknall in Kauf, wo sie doch längst alternative Weichen – auch für die vielen Beschäftigen im Tagebau – und den sanfteren Umbau hätte haben können. Deshalb verlangt das Klima-Bündnis den sofortigen Beginn des Endes der Kohleverstromung. „Das realistische Ziel was wir verfolgen ist, das sofort mit dem Ausstieg begonnen wird. Was klar ist: eine solche Transformation dauert 15 bis 20 Jahre. Wenn nicht jetzt damit begonnen wird, dann wird es keine soziale und ökologische Transformation sein“, warnt Mona Bricke. (Hans-Dieter Hey)

Weitere Bilder folgen!

Tonbeitrag von Mathias Weiland, ehem. BUND befindet sich hier!

Videobeitrag des Aktivisten „Schlamm“, der einen Bagger besetzte, hier!

Am Samstag, den 15. August, versuchten mit dem Slogan "Ende Gelände - Kohlebagger stoppen. Klima schützen!" 700 Menschen den Tagebau Garzweiler in NRW zu stürmen, um die riesigen Abraumbagger durch Besetzung zu blockieren. Sie mussten vom Eigner RWE Power abgeschaltet werden, nachdem die Demonstranten die Polizeisperre durchbrochen hatten. Es sollte die bisher "größte Akton der deutschen und europäischen Klimabewegung vor dem Klimagipfel in Paris" werden, der vom vom 30. November bis 11. Dezember 2015 stattfindet.
 
Der zivile Ungehorsam wurde von den Aktivisten in Kauf genommen, weil er "angesichts der Dringlichkeit der Klimakrise für notwendig und angemessen" gehalten wird, ist Pressesprecher Martin Weis überzeugt. Gewaltfreiheit war im Protest inbegriffen: "Von uns wird keinerlei Eskalation ausgehen. Von denjenigen, die in den Tagebau gehen, wird es nicht zu Beschädigungen oder Zerstörungen von Infrastruktur oder Baggern kommen. Es geht um eine Aktion des zivilen Ungehorsams", ergänzt Pressesprecherin Monika Bricke. Wie berichtet wurde, war die Polizeiführung an einer Deeskalion offenbar nicht interessiert.

Mit dem Ungehorsam dieser zivilgesellschaftliche Protestaktion hatte die Polizei ihre Probleme und reagierte völlig überfordert mit Pfefferspray und Schlagstöcken. Auch Journalisten klagten, in ihrer Arbeit behindert worden zu sein. Meldungen zu Folge wurde einer der Journalistin gar Handschellen angelegt, einem Fotografen wurde Pfefferspray in das Auge gesprüht. Zahlreiche Festnahmen folgten. Am Sonntag hieß es, dass 800 Anzeigen wegen Hausfriedensbruch erstatte wurden.

Weil ein Teilnehmer einer Gruppe von vielleicht 30 Demonstranten einen Mundschutz anhatte, der von der Polizei als "Passivbewaffnung" interpretiert wurde, wurde diese Gruppen unter einer Brücke festgehalten und eingekesselt. Auch über die umfangreichen Absperrungen kamen Journalisten nicht an die notwendigen Orte, um ihre Arbeit zu machen. Im Klimacamp trafen am späten Nachmittag von Polizeiübergriffen Verletzte ein. Offenbar, so scheint es, sind manche Uniformträger mit ihrer Arbeit überfordert. Am späten Nachmittag löste sich die Protestaktion auf, die von Attac, BUND, Campact, Aktion Niederlausitz und Climacamp, Antiatom-Bewegung, Graswurzel-Bewegung, Degrowth-Bewegung und anderen unterstützt wurde.

Doch worum geht es eigentlich?

Im Rheinischen Braunkohlerevier stehen drei der schädlichsten Kohlekraftwerke in ganz Europa unter der Führung von RWE Power. Und in der Tat scheint eine schnelle Wende bei der Kohleverstromung notwendig. Die REW-Kraftwerke in Neurath, Niederaußem und Weisweiler in Nordrhein-Westfalen zählen zu den 10 klimaschädlichsten in Europa, vier der fünf klimaschädlichsten befinden sich in Deutschland.

Die teilweise über 50 Jahre alten Kraftwerke schleudern bis zu 1.188 g CO2/kWh aus, selbst die "optimierten" Meiler schaffen gerade mal etwa 950 g. In NRW werden jährlich 300 Millionen Tonnen Kohlendioxid ausgestoßen, allein für die RWE Power-AG 100 Mio. Insgesamt stiegen die Treibhausemmissionen seit 1990 um 10 Prozent an. Neue Kraftwerkblöcke sollen jedoch nach Auskunft des BUND in Betrieb genommen werden, ohne dass in entsprechender Weise alte abgeschaltet werden. Wobei Matthias Hartung, Vorstandsvorsitzender der RWE Power AG (CEO), noch erklären muss, wie er dann bis zum Ende des Jahrzehnts 10 bis 15 Prozent weniger Braunkohle verstromen kann.

Merkels Klimashow

Während Bundeskanzlerin Angela Merkel vollmundig in ihrer "Klimashow" auf dem G7-Gipfel noch von der "Dekarbonisierung" der Weltwirtschaft sprach und diese Welt erwartungsvoll auf ihren Mund blickte, stampfte ihr Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel kurz darauf - sicher nicht ohne Abstimmung mit ihr - das hohle Lippenbekenntnis wieder ein. Der immer wieder pressewirksam angekündigte Klimawandel scheitert seit 21 Jahren - verpasste Chancen für nachfolgende Generationen.

Vor allem mit dem jähen Ende der Klimaabgabe für Kohlekraftwerke wurden die Klimaziele gekippt und in NRW trat politischer Dissens offen zutage. Während NRW-Wirtschaftsminister Garrelt Duin (SPD) von einem "guten Gesamtpaket für NRW" sprach, kritisiert Umweltminister Johannes Remmel den Beschluss und spricht von "keinem guten Tag für den Klimaschutz". Die Abgabe sollte Kraftwerke mit besonders hohem CO2-Ausstoß belasten. Gabriel knickte nach heftigem Protest von Energiekonzernen und Gewerkschaften ein.

In der Luft: tödliches Quecksilber und Arsen

Nach Angaben des Kohleatlas 2009 gab es 18.200 Todesfälle, 2,1 Millionen Tage mit Arzneimitteleinnahme, 4,1 Millionen verlorene Arbeitstage und 28,6 Millionen Fälle von Atemwegserkrankungen. Je ca. 250 t Förderung werden jährlich ca. 150 kg Quecksilber, 30 kg Blei und 23 kg Arsen an die Luft abgegeben. Zum Vergleich: die tödliche Dosis von Quecksilber liegt zwischen 0,2 und 1g. Bei Arsen reichen 60 bis 170 mg, um menschliches Leben zu vernichten.

Der Essener Energiekonzern RWE wil im Rheinischen Revier bis zum Ende des Jahrzehnts 10 bis 15 Prozent weniger Braunkohle verstromen. Das kündigte der Chef der RWE-Erzeugungssparte RWE Generation, Matthias Hartung, am 14.07.2015 an. Bis zu 1.000 Arbeitsplätze, also jeder zehnte Job, sollen abgebaut werden.

Indessen zahlt sich der lobbygepuschte und mit Steuersubventionen angetriebene Braunkohletagebau auch für RWE immer weniger aus, weil der Konzern den Energiewandel verpennt hat. Für 2015 rechnet das Unternehmen mit einem Rückgang des Betriebsergebnisses von 4 Mrd. Euro auf 3,6 Mrd. im Vorjahr. Seit 2013 gab es ca. 13.000 Beschäftigte weniger, es wird zunehmend mit Zeitarbeitsunternehmen zusammengearbeitet.

Offenbar nimmt die Bundesregierung den großen Klimaknall in Kauf, wo sie doch längst alternative Weichen - auch für die vielen Beschäftigen im Tagebau - und den sanfteren Umbau hätte haben können. Deshalb verlangt das Klima-Bündnis den sofortigen Beginn des Endes der Kohleverstromung. "Das realistische Ziel was wir verfolgen ist, das sofort mit dem Ausstieg begonnen wird. Was klar ist: eine solche Transformation dauert 15 bis 20 Jahre. Wenn nicht jetzt damit begonnen wird, dann wird es keine soziale und ökologische Transformation sein", warnt Mona Bricke. (Hans-Dieter Hey)

Weitere Bilder folgen!

Tonbeitrag von Mathias Weiland, ehem. BUND befindet sich hier!

Videobeitrag des Aktivisten "Schlamm", der einen Bagger besetzte, hier!

 

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