Überall ausbrechender Erneuerungswille


Variablen setzten Beginn

Das neue Bauhaus-Museum in Weimar ist auf alle Fälle einen Besuch wert. Eingebettet in eine „Topografie der Moderne“, zwischen Goethe und Schiller, bewegter Vergangenheit Deutschlands, zwischen Faschismus – und das KZ Buchenwald ist ganz in der Nähe-, demokratischer Bewegung und sozialistischen Ideen, findet sich das monumentale Gebäude am neu benannten Stephane-Hessel-Platz. Bauhaus ist nicht einfach Architektur oder Kunst. Bauhaus war ein Kultursprung. Direktor Hannes Meyer brachte es 1928 auf den Punkt: “überall ausbrechender Erneuerungswille”. Weiter unten mehr!

Es war nicht nur der erste Weimarer Direktor Walter Gropius, der Kunst und Handwerk zusammenbringen wollte und sich auf den „Deutschen Werkbund“ von 1907 und auf die Ideen des „Arbeitsrats für Kunst“ bezog. Es waren viele, die die Sache vorantrieben, doch den meisten Menschen saß noch der Geist des Kaiserreichs und der 1. Weltkrieg im Nacken. Es waren neue Gedanken in der Kunst, mehr Licht, neue Formen und Bewegung, geistige Auseinandersetzung, politische Erneuerung, Lebens- und Wohnqualität, die sich da Bahn brachen. Im rückwärtsgewandten Bayern kaum feststellbar, waren die wirkmächtigsten Stätten der Kunst- und Kulturgeschichte des Bauhauses in Weimar, Dessau und Berlin, Ideen kamen in den 1950er und 60er Jahren als Exportschlager in die USA oder England.

Berühmte Namen wie die Maler Paul Klee, Lyonel Feininger, László Moholy-Nagy, Karl Peter Röhl oder Wassily Kandinsky waren Lehrende in Weimar. Gerade dort konnte sich die kulturelle und politische Linke, unter anderem KPD-Nahe, stark positionieren. Bekannt darunter Max Gebhard, der das Logo der Antifaschistischen Aktion entwickelte. Der Stadtplaner Max Welch Guerra: “Wir dürfen nicht vergessen, dass das Manifest des Bauhauses eine ‘Kathedrale des Sozialismus’ als Bild hatte, als Titelbild.” Dennoch mussten Frauen – vor allem gegen Walter Gropius – für ihre Rechte kämpfen und wurden an den Webstuhl verbannt.

Nicht alle ließen sich das gefallen und setzten sich erfolgreich zur Wehr. Beispielsweise wurde die Bewerbung der in Köln geborenen Margarete Heymann-Marks in Weimar abgelent, worauf diese sich handgreiflich zur Wehr setzte und ein demoliertes Zimmer hinterließ. Sie wurde später zu einer der bekanntesten deutschen Bauhaus-Keramikerinnen und musste 1933 vor den Nazis nach London fliehen. (Wir hatten darüber berichtet).

Die Normierung von fast allem, die Idee eines neuen Menschen, der nach den bitteren Erfahrungen der industrieellen Entwicklung des 19. Jahrhunderts mit der Technik Frieden schließen wollte, hatte nicht nur positive Folgen.

1933 hetzten die Nazis und beschimpften das Bauhaus als „Kulturbolschewismus“ und „entartete Kunst“. Bereits 1925 verbannte die völkisch-reaktionäre und deutschnationale politische Nazi-Mehrheit in Weimar das Bauhaus. Später wollten sie Teile der klaren Baukultur doch in ihre Weltanschauung integrieren und forderte mit dem Wahn pseudowissenschaftlicher Begründung eine normierte „arische Rasse“ – gezüchtet in Lebensbornheimen. Doch nicht alle Künstler verließen das Bauhaus. Einige sahen sich gezwungen, irgendwie mit der Nazidiktatur zurecht zu kommen, obwohl die Entehrung der Bauhauskultur und die Unterdrückung seiner Individualität ihrem Geiste diametral widersprach. Hannes Meyer floh in die Sowjetunion, geriet aber dort ins Visier des Stalinismus.

Geistige Platform für den politischen Austausch war das Bauhaus immer. 2018 allerdings versagten Direktorin Claudia Perren nach Gespräch mit Kulturminister Rainer Robra (CDU) der Rockband „Feine Sahne Fischfilet“ den Auftritt auf der Bauhausbühne in Dessau. Eine Sprecherin meinte Medien gegenüber: “Wir als Bauhaus sind ein bewusst unpolitischer Ort.” Das war ein Missverständnis in eigener Sache. Klaus Lederer von der Partei DIE.LINKE konterte damals: „Wenn man das aufgibt, was das Bauhaus ausmacht, damit die Tapete heile bleibt, dann hat man die Idee verraten.“ (01.06.2019, Hans-Dieter Hey)

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