Tunesien – Terroristen- oder Touristenparadies?


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Tunesien exportiert seine Terroristen – so lautet spätestens seit dem Lkw-Anschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt 2016 die öffentlich vorherrschende Meinung. Soll man deshalb nicht mehr nach Tunesien reisen? Schon vorher waren die Touristenzahlen in diese Richtung deutlich eingebrochen. (Weiter unten mehr!)

Tunesien exportiert seine Terroristen – so lautet spätestens seit dem Lkw-Anschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt 2016 die öffentlich vorherrschende Meinung. Soll man deshalb nicht mehr nach Tunesien reisen? Schon vorher waren die Touristenzahlen in diese Richtung deutlich eingebrochen.

Aber auch aus Belgien hat sich, im Verhältnis zur Bevölkerungszahl, eine große Zahl radikalisierter Islamisten terroristischen Organisationen angeschlossen – fährt man deshalb auch nicht mehr dorthin? Gäbe es dort einen gleichartigen Schwund, wären die Zahlen zudem schwerer interpretierbar: denn dann dürften wohl auch die maroden Atommeiler dazu beitragen.

Ich kenne Tunesien von drei vorausgegangenen Reisen, davon eine nach der Revolution, und habe es als sehenswerte Region mit funktionierender Infrastruktur und einer freundlichen, aufgeschlossenen und hilfsbereiten Bevölkerung in Erinnerung. Und da Tunesien das einzige Land ist, das es aus dem „arabischen Frühling“ in die Demokratie geschafft hat, sehe ich es sogar als kleinen finanziellen Beitrag dazu an, zur Stabilität beizutragen und der erlebten Gastfreundschaft etwas zurückzugeben.

Diesmal schließe ich mich über einen deutschen Veranstalter einer Wüstenquerung an: in 6 Tagen wechselweise zu Fuß oder auf dem Kamel 70 Kilometer von West nach Ost durch die Sahara zwischen der Stadt Douz und der Oase Ksar Ghilane, mit Lagerfeuer unter Sternenhimmel und Übernachtung im Zelt. Daran schließe ich noch eine Woche im Hotel auf der Insel Djerba an, die ich dann allein per Mietrad durchstreifen will.

Die erste Übernachtung nach der Ankunft ist noch in einem Hotel in der Touristenzone von Djerba, und schon hier werden die rückläufigen Besucherzahlen deutlich: das ursprünglich vorgesehene Hotel ist geschlossen. Wir werden in ein anderes Hotel desselben Betreibers umquartiert, und auch dieses scheint nicht einmal zur Hälfte ausgelastet zu sein.

Die Hotels gleichen den Rückgang bei den westlichen Gästen teilweise mit Touristen aus Russland aus, sagt dazu Ahmed, unser Reiseleiter vor Ort. Für diese sei derzeit aber keine Saison. Außerdem kämen die Russen in der Regel nur zum Sonnenbaden und um – oft exzessiv –zu Feiern. An Besichtigungen und Exkursionen seien sie weitgehend nicht interessiert.

Ähnliches bestätigt am nächsten Tag Abdallah (42), der als einheimischer Subunternehmer mit dem deutschen Veranstalter zusammenarbeitet und unsere Gruppe durch die Sahara führt: „Früher hatten wir bis zu 10 solcher Exkursionen im Monat, auch per Geländewagen oder nur als Wanderreise. Heute sind es noch 20-30 Touren in der ganzen Saison. Die ist von Anfang November bis etwa Ende April, Anfang Mai. Danach wird es dafür zu heiß – der Wüstensand heizt sich dann am Tag derart auf, dass man nicht mehr schmerzfrei darüber laufen kann.“

Und wie überbrückt man die Zeit außerhalb der Reisesaison? – „Ich habe eine kleine Dattelplantage in einer Oase nahe Douz, um die ich mich mit meiner Familie (Frau und 3 Söhne zwischen 2-7 Jahren) kümmern muss. Die Erntezeit fällt in den Herbst, Ende Oktober bis Anfang November. Abnehmer ist eine Fabrik in Douz, die das Obst dann zentral vermarktet.“

So leiden gerade die einheimischen Touristikanbieter, die mit ihren Exkursionen den Gästen Landschaft und Kultur am ehesten nahebringen, unter den rückläufigen Besucherzahlen. Die Hotelketten, oft in Hand internationaler Konzerne, können durch Erschließung neuer Gäste in anderen Ländern leichter die Krise überstehen.

„Dabei haben wir noch Glück“, so Abdallah. „In Algerien und Libyen gab es auch lokale Veranstalter, die solche Wüstenexkursionen anboten. Dort geht jetzt natürlich gar nichts mehr.“

Unsere Reisegruppe umfasst 7 Gäste aus verschiedenen deutschen Landen, 3 Frauen und 4 Männer, dazu eine 5-köpfige Begleitmannschaft: neben Abdallah noch 4 junge Männer, die die 11 Lasten- und Reitkamele führen und die Mahlzeiten zubereiten.

„Früher waren auch die Gruppen größer“, so Abdallah. „Mehr als 12 Gäste wurden aber auch dann nicht mitgenommen, der Aufwand an mitzuführendem Material wäre sonst zu groß. Bei höheren Gästezahlen wurden die Gruppen dann geteilt.“

Es ist nicht meine erste Erfahrung mit der Wüste. Aber 6 Tage und Nächte am Stück sind auch für mich eine Herausforderung, auch mental: Man bewegt sich den ganzen Tag von Irgendwo nach Irgendwo, es ist kein markantes Ziel auszumachen. Das Auf und Ab durch die Sanddünen strengt an. Zwischendurch streift man unerwartet durch Blumenwiesen – es ist dem Kalender nach ja Regenzeit. Wir erleben statt dessen zweimal einen, wie unsere Begleiter versichern, „leichten Wüstenwind“, der den mehlstaubfeinen Sand in alle Ritzen, Ohren, Nasen und Augen treibt, wenn man sich nicht bis auf einen Augenschlitz vermummt. Die Kamera muss solange doppelt verpackt in der Tasche bleiben.

Nach jeweils einer Stunde sammelt sich die Karawane kurz und die Gäste können wählen, ob sie die nächste Etappe zu Fuß oder auf dem Kamel weiterziehen wollen. Das Reiten auf den „Wüstenschiffen“ ist immer mal eine willkommene Erholung, den schwankenden Gang nehmen alle problemlos hin, und man bekommt einen größeren Rundumblick über die Landschaft

Dann sucht man sich am späten Nachmittag eine geeignete Stelle für Rast und Nachtlager, nimmt gemeinsam am Lagerfeuer mit selbst gesammeltem Holz das beachtlich reichhaltige Abendesse ein, lernt mit Trommel und Mundharmonika wechselweise etwas arabisches und europäisches Liedgut kennen, erlebt einen fulminanten Sternenhimmel und die totale Stille der nächtlichen Landschaft. Die Temperaturen schwanken zwischen 25° tagsüber bis 4-5° nachts.

Für jeden stehen 2 Wasserflaschen á 1,5 Liter zur Verfügung. Das reicht für unterwegs. Dazu gibt es Kaffee und Tee zu den Mahlzeiten.

Zähneputzen geht mit 2 Schluck Wasser: die Bürste wird abgeschleckt, der Schaum ausgespuckt, zweimal ausspülen, fertig. Dazu Katzenwäsche mit Feuchttüchern. Aufs Rasieren wird allgemein verzichtet.

Der Umweltaspekt ist manchmal grenzwertig: die leeren Wasserflaschen werden mit dem Lagerfeuer verbrannt.

An den ersten 2 Tagen sind wir allein unterwegs. Erst am Nachmittag des 3. Tages passieren wir eine weit in der Landschaft verstreute Kamelherde, einige Fohlen sind darunter. Sie haben alle weißes Fell, erst mit dem Älterwerden dunkeln die Haare meistens nach, sagen unsere Begleiter.

Am 4. Tag streift eine kleine Ziegenherde an uns vorbei, die von einem vielleicht 10-jährigen Jungen geführt wird. Er will sich nicht fotografieren lassen. Schule? Er versteht jedenfalls kein Französisch.

Dann begegnen wir auch einem Schäfer, der seine Herde gerade im Sand zur Ruhe versammelt hat.

Am 5. Tag kommen wir am Lager einer Nomadenfamilie vorbei, die uns zum ersten Mal Kamelmilch kosten lassen. Am Nachmittag kommt dann endlich das Ziel der Exkursion in Sicht, die Oase Ksar Ghilane. Das Grün der Nadelbäume in der kargen Umgebung hebt gleich die Stimmung. Und es gibt wieder Handyempfang, was von einigen sofort genutzt wird. Die Nacht verbringen wir trotzdem noch außerhalb, erst am nächsten Tag erreichen wir nach etwa 1 ½  Stunden Marsch die kleine Insel im Sandmeer.

Hier ist man auf Touristen eingerichtet: es gibt eine kleine Appartmentanlage, einen Campingplatz, einen Quadverleih und mehrere Cafés rund um einen kleinen Teich mit Salzwasser. Aber es herrscht nur geringer Betrieb. Hier gönnen wir uns einen Kaffee, einige nehmen ein Bad im Teich. Dann gibt es ein letztes gemeinsames Mittagessen und den Abschied von unserer Begleitmannschaft, weiter geht es per Geländewagen zurück ins Hotel auf Djerba.

Der Gedanke, hier mit islamistischen Extremisten aneinander zu geraten oder gar von irgendwelchen Marodierern entführt zu werden, kam während der gesamten Zeit nicht in den Sinn.

Auch in meiner anschließend allein verbrachten Woche kam es nie zu Situationen, die solche Befürchtungen befeuert hätten.

Der Tourismus ist auf Djerba vorwiegend auf die Ostküste konzentriert, der übrige Teil der Insel ist beschaulich und weitgehend ursprünglich geblieben. Landschaftsprägend sind Olivenplantagen mit oft uralten und knorrigen Bäumchen, einst von den französischen Kolonialisten gepflanzt und bis heute weiter gepflegt.

Olivenbäume haben zudem einen Vorteil: sie sind genügsam und können lange ohne Wasser auskommen. Denn das ist knapp. Vom Festland führen zwei dicke Rohre Wasser auf die Insel - weil der Tourismus für erhöhten Verbrauch sorgt. Viele alte Ziehbrunnen, die in der Landschaft stehen, sind dagegen nicht mehr in Gebrauch. Meerwasserentsalzung wird hier auch (noch) nicht praktiziert.

Als Radfahrer ist man hier eine seltene Erscheinung. Auf ein Fahrrad kommen in den Straßen der Insel etwa 80 Mofas und Motorroller, die mit ihrem Zweitaktmix die Luft anreichern. Teilweise abenteuerlich noch so gerade fahrtauglich gehaltene Maschinchen, gelegentlich zu dritt gefahren oder auch von schätzungsweise 12-Jährigen. Ohne Helm und durchweg ohne Kennzeichen – höchstens mit einem alten aus Frankreich, von wo das Gerät irgendwann einmal, wahrscheinlich gebraucht, importiert wurde. Dies sorgte bei mir für die einzige Sorge: bloß nicht mit so einem Gefährt in einen Unfall geraten!

Also bevorzuge ich ruhige Nebenstraßen und zuckele so von Dörfchen zu Dörfchen – aufs Geradewohl, denn brauchbares Kartenmaterial ist nicht aufzutreiben. Es macht trotzdem Spaß, so die Insel zu durchstreifen, und ist auch wenig schweißtreibend, denn große Steigungen sind nicht zu bewältigen. Die Wegweiser an den Straßen, soweit sie mit arabischer und lateinischer Schrift versehen sind, führen durchaus zuverlässig durch die Landschaft. Die Straßen sind durchweg in gutem Zustand.

Nur die Kilometermarkierungen erweisen sich mitunter als eigenwillig. So bemerke ich auf einer Strecke von Kantara nach Aghir, entlang der Küste im Südosten, starke Abweichungen zwischen meinem Fahrradtacho und den Kilometersteinen. Von Kilometer zu Kilometer mal 140, dann 60, dann 10, dann 30, dann 20 Meter - also 1-14 %. Mit einer falsch eingestellten Reifengröße am Rad wäre dies nicht erklärbar.

Von diesen Kleinigkeiten abgesehen aber bleibt festzuhalten: Tunesien ist immer noch ein interessantes Reiseland, in dem man kulturelle Bereicherung und Erholung finden kann.

Udo Slawiczek

 Aber auch aus Belgien hat sich, im Verhältnis zur Bevölkerungszahl, eine große Zahl radikalisierter Islamisten terroristischen Organisationen angeschlossen – fährt man deshalb auch nicht mehr dorthin? Gäbe es dort einen gleichartigen Schwund, wären die Zahlen zudem schwerer interpretierbar: denn dann dürften wohl auch die maroden Atommeiler dazu beitragen.

Ich kenne Tunesien von drei vorausgegangenen Reisen, davon eine nach der Revolution, und habe es als sehenswerte Region mit funktionierender Infrastruktur und einer freundlichen, aufgeschlossenen und hilfsbereiten Bevölkerung in Erinnerung. Und da Tunesien das einzige Land ist, das es aus dem „arabischen Frühling“ in die Demokratie geschafft hat, sehe ich es sogar als kleinen finanziellen Beitrag dazu an, zur Stabilität beizutragen und der erlebten Gastfreundschaft etwas zurückzugeben.

Diesmal schließe ich mich über einen deutschen Veranstalter einer Wüstenquerung an: in 6 Tagen wechselweise zu Fuß oder auf dem Kamel 70 Kilometer von West nach Ost durch die Sahara zwischen der Stadt Douz und der Oase Ksar Ghilane, mit Lagerfeuer unter Sternenhimmel und Übernachtung im Zelt. Daran schließe ich noch eine Woche im Hotel auf der Insel Djerba an, die ich dann allein per Mietrad durchstreifen will.

Die erste Übernachtung nach der Ankunft ist noch in einem Hotel in der Touristenzone von Djerba, und schon hier werden die rückläufigen Besucherzahlen deutlich: das ursprünglich vorgesehene Hotel ist geschlossen. Wir werden in ein anderes Hotel desselben Betreibers umquartiert, und auch dieses scheint nicht einmal zur Hälfte ausgelastet zu sein.

Die Hotels gleichen den Rückgang bei den westlichen Gästen teilweise mit Touristen aus Russland aus, sagt dazu Ahmed, unser Reiseleiter vor Ort. Für diese sei derzeit aber keine Saison. Außerdem kämen die Russen in der Regel nur zum Sonnenbaden und um – oft exzessiv –zu Feiern. An Besichtigungen und Exkursionen seien sie weitgehend nicht interessiert.

Ähnliches bestätigt am nächsten Tag Abdallah (42), der als einheimischer Subunternehmer mit dem deutschen Veranstalter zusammenarbeitet und unsere Gruppe durch die Sahara führt: „Früher hatten wir bis zu 10 solcher Exkursionen im Monat, auch per Geländewagen oder nur als Wanderreise. Heute sind es noch 20-30 Touren in der ganzen Saison. Die ist von Anfang November bis etwa Ende April, Anfang Mai. Danach wird es dafür zu heiß – der Wüstensand heizt sich dann am Tag derart auf, dass man nicht mehr schmerzfrei darüber laufen kann.“

Und wie überbrückt man die Zeit außerhalb der Reisesaison? – „Ich habe eine kleine Dattelplantage in einer Oase nahe Douz, um die ich mich mit meiner Familie (Frau und 3 Söhne zwischen 2-7 Jahren) kümmern muss. Die Erntezeit fällt in den Herbst, Ende Oktober bis Anfang November. Abnehmer ist eine Fabrik in Douz, die das Obst dann zentral vermarktet.“

So leiden gerade die einheimischen Touristikanbieter, die mit ihren Exkursionen den Gästen Landschaft und Kultur am ehesten nahebringen, unter den rückläufigen Besucherzahlen. Die Hotelketten, oft in Hand internationaler Konzerne, können durch Erschließung neuer Gäste in anderen Ländern leichter die Krise überstehen.

„Dabei haben wir noch Glück“, so Abdallah. „In Algerien und Libyen gab es auch lokale Veranstalter, die solche Wüstenexkursionen anboten. Dort geht jetzt natürlich gar nichts mehr.“

Unsere Reisegruppe umfasst 7 Gäste aus verschiedenen deutschen Landen, 3 Frauen und 4 Männer, dazu eine 5-köpfige Begleitmannschaft: neben Abdallah noch 4 junge Männer, die die 11 Lasten- und Reitkamele führen und die Mahlzeiten zubereiten.

„Früher waren auch die Gruppen größer“, so Abdallah. „Mehr als 12 Gäste wurden aber auch dann nicht mitgenommen, der Aufwand an mitzuführendem Material wäre sonst zu groß. Bei höheren Gästezahlen wurden die Gruppen dann geteilt.“

Es ist nicht meine erste Erfahrung mit der Wüste. Aber 6 Tage und Nächte am Stück sind auch für mich eine Herausforderung, auch mental: Man bewegt sich den ganzen Tag von Irgendwo nach Irgendwo, es ist kein markantes Ziel auszumachen. Das Auf und Ab durch die Sanddünen strengt an. Zwischendurch streift man unerwartet durch Blumenwiesen – es ist dem Kalender nach ja Regenzeit. Wir erleben statt dessen zweimal einen, wie unsere Begleiter versichern, „leichten Wüstenwind“, der den mehlstaubfeinen Sand in alle Ritzen, Ohren, Nasen und Augen treibt, wenn man sich nicht bis auf einen Augenschlitz vermummt. Die Kamera muss solange doppelt verpackt in der Tasche bleiben.

Nach jeweils einer Stunde sammelt sich die Karawane kurz und die Gäste können wählen, ob sie die nächste Etappe zu Fuß oder auf dem Kamel weiterziehen wollen. Das Reiten auf den „Wüstenschiffen“ ist immer mal eine willkommene Erholung, den schwankenden Gang nehmen alle problemlos hin, und man bekommt einen größeren Rundumblick über die Landschaft

Dann sucht man sich am späten Nachmittag eine geeignete Stelle für Rast und Nachtlager, nimmt gemeinsam am Lagerfeuer mit selbst gesammeltem Holz das beachtlich reichhaltige Abendesse ein, lernt mit Trommel und Mundharmonika wechselweise etwas arabisches und europäisches Liedgut kennen, erlebt einen fulminanten Sternenhimmel und die totale Stille der nächtlichen Landschaft. Die Temperaturen schwanken zwischen 25° tagsüber bis 4-5° nachts.

Für jeden stehen 2 Wasserflaschen á 1,5 Liter zur Verfügung. Das reicht für unterwegs. Dazu gibt es Kaffee und Tee zu den Mahlzeiten.

Zähneputzen geht mit 2 Schluck Wasser: die Bürste wird abgeschleckt, der Schaum ausgespuckt, zweimal ausspülen, fertig. Dazu Katzenwäsche mit Feuchttüchern. Aufs Rasieren wird allgemein verzichtet.

Der Umweltaspekt ist manchmal grenzwertig: die leeren Wasserflaschen werden mit dem Lagerfeuer verbrannt.

An den ersten 2 Tagen sind wir allein unterwegs. Erst am Nachmittag des 3. Tages passieren wir eine weit in der Landschaft verstreute Kamelherde, einige Fohlen sind darunter. Sie haben alle weißes Fell, erst mit dem Älterwerden dunkeln die Haare meistens nach, sagen unsere Begleiter.

Am 4. Tag streift eine kleine Ziegenherde an uns vorbei, die von einem vielleicht 10-jährigen Jungen geführt wird. Er will sich nicht fotografieren lassen. Schule? Er versteht jedenfalls kein Französisch.

Dann begegnen wir auch einem Schäfer, der seine Herde gerade im Sand zur Ruhe versammelt hat.

Am 5. Tag kommen wir am Lager einer Nomadenfamilie vorbei, die uns zum ersten Mal Kamelmilch kosten lassen. Am Nachmittag kommt dann endlich das Ziel der Exkursion in Sicht, die Oase Ksar Ghilane. Das Grün der Nadelbäume in der kargen Umgebung hebt gleich die Stimmung. Und es gibt wieder Handyempfang, was von einigen sofort genutzt wird. Die Nacht verbringen wir trotzdem noch außerhalb, erst am nächsten Tag erreichen wir nach etwa 1 ½  Stunden Marsch die kleine Insel im Sandmeer.

Hier ist man auf Touristen eingerichtet: es gibt eine kleine Appartmentanlage, einen Campingplatz, einen Quadverleih und mehrere Cafés rund um einen kleinen Teich mit Salzwasser. Aber es herrscht nur geringer Betrieb. Hier gönnen wir uns einen Kaffee, einige nehmen ein Bad im Teich. Dann gibt es ein letztes gemeinsames Mittagessen und den Abschied von unserer Begleitmannschaft, weiter geht es per Geländewagen zurück ins Hotel auf Djerba.

Der Gedanke, hier mit islamistischen Extremisten aneinander zu geraten oder gar von irgendwelchen Marodierern entführt zu werden, kam während der gesamten Zeit nicht in den Sinn.

Auch in meiner anschließend allein verbrachten Woche kam es nie zu Situationen, die solche Befürchtungen befeuert hätten.

Der Tourismus ist auf Djerba vorwiegend auf die Ostküste konzentriert, der übrige Teil der Insel ist beschaulich und weitgehend ursprünglich geblieben. Landschaftsprägend sind Olivenplantagen mit oft uralten und knorrigen Bäumchen, einst von den französischen Kolonialisten gepflanzt und bis heute weiter gepflegt.

Olivenbäume haben zudem einen Vorteil: sie sind genügsam und können lange ohne Wasser auskommen. Denn das ist knapp. Vom Festland führen zwei dicke Rohre Wasser auf die Insel – weil der Tourismus für erhöhten Verbrauch sorgt. Viele alte Ziehbrunnen, die in der Landschaft stehen, sind dagegen nicht mehr in Gebrauch. Meerwasserentsalzung wird hier auch (noch) nicht praktiziert.

Als Radfahrer ist man hier eine seltene Erscheinung. Auf ein Fahrrad kommen in den Straßen der Insel etwa 80 Mofas und Motorroller, die mit ihrem Zweitaktmix die Luft anreichern. Teilweise abenteuerlich noch so gerade fahrtauglich gehaltene Maschinchen, gelegentlich zu dritt gefahren oder auch von schätzungsweise 12-Jährigen. Ohne Helm und durchweg ohne Kennzeichen – höchstens mit einem alten aus Frankreich, von wo das Gerät irgendwann einmal, wahrscheinlich gebraucht, importiert wurde. Dies sorgte bei mir für die einzige Sorge: bloß nicht mit so einem Gefährt in einen Unfall geraten!

Also bevorzuge ich ruhige Nebenstraßen und zuckele so von Dörfchen zu Dörfchen – aufs Geradewohl, denn brauchbares Kartenmaterial ist nicht aufzutreiben. Es macht trotzdem Spaß, so die Insel zu durchstreifen, und ist auch wenig schweißtreibend, denn große Steigungen sind nicht zu bewältigen. Die Wegweiser an den Straßen, soweit sie mit arabischer und lateinischer Schrift versehen sind, führen durchaus zuverlässig durch die Landschaft. Die Straßen sind durchweg in gutem Zustand.

Nur die Kilometermarkierungen erweisen sich mitunter als eigenwillig. So bemerke ich auf einer Strecke von Kantara nach Aghir, entlang der Küste im Südosten, starke Abweichungen zwischen meinem Fahrradtacho und den Kilometersteinen. Von Kilometer zu Kilometer mal 140, dann 60, dann 10, dann 30, dann 20 Meter – also 1-14 %. Mit einer falsch eingestellten Reifengröße am Rad wäre dies nicht erklärbar.

Von diesen Kleinigkeiten abgesehen aber bleibt festzuhalten: Tunesien ist immer noch ein interessantes Reiseland, in dem man kulturelle Bereicherung und Erholung finden kann.

Udo Slawiczek

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