Soziale Kämpfe: Wir brauchen jetzt dringend Alternativen statt „mehr vom Alten“


Variablen setzten Beginn

Einige Tage vor der furchtbaren Flutkatastrophe meinten Markus Söder und Armin Laschet, man wolle nach der Bundestagswahl im Herbst so weitermachen wie bisher, nur ohne Merkel. Damit alles so bleibt, wird auch durch den marktradikalen Lobbyverband „Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft“ kräftig nachgeholfen. Das wird für das Land Folgen haben, und zwar keine guten. Aber ist beispielsweise eine schwarz-grün-gelbe Koalition die Beste für das Land? Es steht zu erwarten, dass bei einer derartigen Farbgestaltung viele der Zukunftsaufgaben auf der Strecke bleiben. Weiter hier!

Eine Auswahl von Schwarzweiß-Fotografien zu den Sozialen Kämpfen der letzten Jahre:

Hier das Video von Rezo zur Korruption. Deutschland steht laut Meldungen auf der Stufe von Syrien, Sudan, Saudi Arabien, Nordkorea und Japan:

 

Viel heiße Luft in Wahlprogrammen

Im Wahlprogramm der CDU sind Zukunftsvorstellungen unkonkret in heiße Luft gekleidet. SPD-Chef Norbert Walter-Borjans bezeichnet es deshalb „in Buchstaben gegossene Planlosigkeit“ und der Präsident des ifo-Instituts vermisst „ein überzeugendes und hinreichend konkretisiertes Konzept für die langfristige solide Finanzierung der Rentenversicherung“ (web.de). Die SPD mit Olaf Scholz als Kanzlerkandidat will damit punkten, mit neuem Sozialstaatskonzept endlich Hartz IV zu beenden, Bürgerversicherung inklusive. Inzwischen kommt die ehemalige Arbeiterpartei eher links daher. Das vielleicht die Partei Die Linke das einzige solide Programm bietet, geht an den Medien bisher vorbei. Spiegel-Analysten zufolge ist erstaunlich, „wie konkret die Linke in ihrem Wahlprogramm wird“. Offenbar bieten die Grünen und Die Linke als einzige durchdachte Konzepte für Umweltschutz und Nachhaltigkeit.

Gewaltige Herausforderungen

Gewaltige Herausforderungen liegen vor uns: Zukunft der Arbeit mit Industrie 4.0 und Digitalisierung, Rentenpolitik und Altersarmut, Steuergerechtigkeit, Schutz der Umwelt und die zunehmende gesellschaftliche Spaltung. Eine wirkliche Reform der Sozialversicherung liegt in weiter Ferne. 100te Vertragsverletzungsverfahren der EU liegen gegen Deutschland vor und sind nicht abgearbeitet. Von der sozialen Abfederung der vor uns liegenden gewaltigen Veränderungen bisher kaum eine Spur. Die Liste ließe sich noch deutlich erweitern.

Weiter so geht nicht

Was daher auf keinen Fall sein kann: Das alles so weitergeht wie bisher. Wer das nicht versteht, verschläft die Zukunft. Seit 16 Jahren Angela Merkel sind wesentliche Aufgaben zu Lasten der Zukunft zum Teil auf den Sankt-Nimmerleinstag verschoben worden. Die jahrelangen Sozialproteste, die Proteste zum Klimaschutz, zur Altersarmut und zur Kinderarmut blieben nahezu ohne Folgen. Dagegen ging es um Bekämpfung der Demonstranten und Demonstrantinnen mit neuen Polizeigesetzen und Demonstrationseinschränkungen, die die CDU/CSU-Handschrift tragen.

Merkel als getriebene Nachtwächterin

Eine gewaltige Liste krisenhafter Zustände also, denen vor allem die bisherige Regierung 16 Jahre lang durch Aussitzen so gut wie nichts entgegen zu setzen gedachte oder dies auf europäischer Ebene sogar torpedierte. Angela Merkel hatte ihre Aufgabe als Nachtwächterin des Staates und nicht als steuernde Kapitänin durch die kommenden Tsunamis gesehen. Mit ihrer raffiniert inszenierten Bescheidenheit hatte sie sich beim Volk beliebt gemacht. Doch manche hatten ihr Charakterlosigkeit vorgeworfen, weil ihr ständiges Einknicken vor den Forderungen der Wirtschaft offenbar war (offizielle Lesart: sie konnte sich leider nicht durchsetzen). Von der groß angekündigten Wohnraumoffensive zum Beispiel ist so gut wie nichts geblieben. An ihr vorbei gingen die jahrelangen sozialen Kämpfe im Lande. Sicher ist Merkels Rolle bei der Aufnahme Geflüchteter ab 2015 eine lobenswerte Ausnahme, als sie sich mutig gegen die europäische Blockade gestemmt hatte. Damit war es aber auch bald vorbei.

Kaum angreifbare Feudalherrschaft

Und niemals vorher war der Einfluss von Lobbyisten auf eine Regierung so groß wie in den letzten 16 Jahren. Recherchen haben nachgewiesen, dass sie die Vorlage für ihnen genehme Gesetze geliefert hatten. Merkels Minister Andreas Scheuer und Julia Klöckner kamen dabei mehrfach ins Gerede. An ihrer Spitze nun noch Wirtschaftsminister Peter Altmaier, der mit einer aus seinem Hause stammenden falschen Studie und dubiosen Verbindungen seines Ministeriums zum Verein „Bundesinitiative Vernunftkraft“ Gegner gegen die dringend notwendige Windenergie aufheizt. Altmaier kämpfte auch gegen die Konzernsteuer und den gesetzlichen Mindestlohn. Für beide hatte sich SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz ins Zeug gelegt. Wissenschaftler werfen der Bundesregierung in der Flutkatastrophe „Monumentales Systemversagen“ vor und in der Coronakrise „strukturelles Staatsversagen“.

Persönliche Bereicherungen (Maskenaffäre und andere), Machtanhäufungen, Korruptionsvorwürfe, horrende Nebenverdienste von Abgeordneten in nie gekanntem Ausmaß vor allem bei CDU/CSU-Mitgliedern wurden ans Tageslicht gespült, wo naturgemäß die Frage zu stellen ist, in welchem Umfang und für wen sie sich eigentlich einsetzen. Und als Angela Merkel vor Jahren von einer marktkonformen Demokratie sprach, war es das öffentliche Eingeständnis des Scheiterns gegen die Macht des Kapitals. Das Vertrauen ist gänzlich dahin.

Mit Laschet mehr vom Alten

Nur noch wenige Wochen sind es bis zu den Neuwahlen. Es ist aber der Kanzlerkandidat Armin Laschet, der in Sachen Braunkohleabbau in NRW eine Politik des Vorgestern vertritt und zukunftsweisende Stromerzeugung durch Windenergie behindert, der mit seinem Versammlungsgesetz unsere Grundrechte in Gefahr bringt und deshalb bundesweit in den Schlagzeilen ist. Wie Laschet mit den rechten Rändern in der CDU umgeht, ließ er auch bei der thüringische CDU-Personalie Hans-Georg Maaßen erkennen, zu der er sich nicht rechtzeitig klar abgrenzte. Maaßen hatte behauptet, es gäbe Verbindungen zwischen Mitarbeitern der Tagesschau und der linksextremen Szene und verlangte einen Gesinnungstest für Redakteure.

Und so verspricht Armin Laschet allen alles – wie urplötzlich den Klimaschutz – wie in Stephan Zweigs Biografie der politische Ränkeschmied Joseph Fouché während der französischen Revolution: „Er verspricht zunächst seinen guten Wählern alles, was sie nur hören wollen. So schwört Fouché, den Handel zu stützen, das Eigentum zu verteidigen, die Gesetze zu respektieren; er wettert (denn der Wind bläst mehr von rechts als von links) bei weitem wortreicher gegen die Unordnungsmacher als gegen das alte Regime“. Die Unordnungsmacher heute sind die Menschen, die seit Jahren mit ihren Protesten und höchstem persönlichen Einsatz für soziale Verbesserungen, gerechte Löhne oder den Klimaschutz auf den Straßen Druck machen.

Schwarz-grün ergibt eine undefinierbare Farbe

Die Grünen haben von Anfang an auf die schwarz-grüne Karte gesetzt. Doch ihnen fehlt das Gespür und die Kompetenz im Kampf gegen die gesellschaftliche Spaltung. Auch in Fragen der Verteidigungspolitik stört deutlich ihr Säbelrasseln, mit dem sie der CDU entgegen eiert. Die Kooperation mit CDU/CSU wird der dringenden Klimapolitik die scharfe Klinge nehmen, vor allem, weil vermutlich noch die FDP mit Christian Lindner am Tisch sitzt. Das wird zum eigentlichen Bock, den die Grünen schießen können, und nicht die fehlenden Zitatnachweise in Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbocks Buch, das ganz wesentliche Zukunftsfragen thematisiert und wohl deshalb bekämpft wird – auch von manchen Medien.

Es braucht dringend einen Neuanfang

Vielleicht lohnt es sich für die Grünen, sich mit den Inhalten der Partei Die Linke auseinanderzusetzen. Trotz den von manchen Linken in aller Öffentlichkeit geführten überflüssigen Fehden gibt man sich dort auf fachlicher Ebene große Mühe, dem geschwächten Ruf durch pragmatische Politikvorschläge entgegen zu treten und zukunftsweisende Impulse zu setzen.

Beispielsweise würde die von der Linken vorgeschlagene „solidarische Gesundheitsversicherung“ nach Ansicht von Experten zu einer Reduzierung der Beitragssätze führen. Kliniken und Pflegekonzerne will man von der Börse nehmen, um ihre Profitorientiertheit einzuschränken. Und um der Altersarmut zu begegnen, sieht man eine solidarische Rentenversicherung von 1.200 Euro im Monat vor. Vielleicht geht da was mit der SPD. Auch die Vorschläge zu einer Vermögensabgabe zur Bewältigung der Coronakrise und eine Vermögenssteuer für besonders Vermögende wird vorgeschlagen. Alles scheint gut durchgerechnet, denn an klugen Köpfen und Fachleuten mangelt es der Linken nicht. Und in der Frage von Nachhaltigkeit und Umweltschutz passt man vielleicht ganz gut zusammen.

Nicht vergessen sollte man den solidarischen Kampf von Linken in vielen sozialen Kämpfen gegen eine verschlafene Mitte der Gesellschaft. Beispielhaft ist das Thema Mietendeckel, es ist beileibe nicht zu Ende. Vielleicht lohnt es sich für die Grünen, einmal in die Richtung anderer Partner zu denken, auch mit mehr Chancen für ihre Politik. (21.07.2021, Hans-Dieter Hey)

Dieser Text wird wegen seiner Länge hier als PDF angeboten!

Auch hier Kritik von Utuber Rezo. Zerstörung Teil 1: Inkompetenz

Und der entsprechende Faktencheck hierzu.

Wie kaum ein anderes Fernsehformat bringt die Satire-Sendung „Die Anstalt“ die Fakten auf den Tisch. Beispielsweise hier am 23. Juli:

Die Anstalt vom 23. Juli 2021

Mit entsprechendem Faktencheck hier!

 

 

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7 Gedanken zu „Soziale Kämpfe: Wir brauchen jetzt dringend Alternativen statt „mehr vom Alten““

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