Variablen setzten Beginn
Rolf Becker, Jahrgang 1935, gehört zur Generation der Kriegskinder; die Erfahrung hat ihn geprägt. Und so tritt der Bühnen-Film-und Sprechkünstler immer wieder auf der realen „Bühne“ politischer Auseinandersetzung auf und spricht mit seiner aus Radio und Fernsehen seit einem halben Jahrhundert publikumsvertrauten, einprägsam sonoren Stimme Ungefälliges aus; der Sohn eines 1943 gefallenen Wehrmachtsoffiziers engagiert sich seit jeher gegen Kriegstreiberei und Menschenschinderei.
Dieses Engagement hat dem aktiven verdi-Gewerkschafter nicht nur Zustimmung eingetragen – wie etwa sein Einsatz für den seit 1982 nach einem manipulativen Todesurteil als angeblicher Polizistenmörder eingekerkerten Mumia Abu Jamal, den er in seiner Todeszelle besuchte. Oder seine Redeauftritte bei Demonstrationen, sein Protest gegen Kriegsführung in Jugoslawien oder Afghanistan.
Dabei geht es ihm nie um Promi-Theater und personality-show, sondern stets um die Sache und um die Menschen, für die er sich, wie im Falle Mumia Abu Jamal, mit ganzer Person einsetzt. Doch bleibt er stets Künstler, der freilich keine Trennlinie zwischen Kunst und Leben zieht. Im Gegenteil: Verkörpern nämlich konnte er sie schon überzeugend, die aalglatten Macht-und Karrieretypen, als wären sie ihm auf oder aus dem Leib gewachsen, wie etwa der schroffe Staatsanwalt in „Die verlorene Ehre der Katharina Blum“.
Und so war es auch seine realitätsnahe, entlarvende Typisierung eines politischen Strafverfolgers, die diese Böll- Verfilmung zu einem regelrechten Haßstück für manche Urheber des Treibjagdklimas in den Tagen des „deutschen Herbstes“ geraten ließ. Andererseits führt er mit seinem ebenso skurillen wie handfesten Eisenbahner „Heinrich der Säger“ (zusammen mit seiner Tochter Meret) eine höchst phantastische Variante vor, Widerstand gegen die allgegenwärtige Volksenteignung im Interesse des Profits zu leisten.
Dabei aber wirkt er völlig authentisch, weil er seine Figur nicht nur sympathisierend spielt – Rolf Becker ist Heinrich der Säger! Partei zu ergreifen, indem er mit den Mitteln seines hochkarätigen Schauspielhandwerks das Wesen der Verhältnisse in lebendigen menschlichen Rollen sichtbar werden läßt, das unter vielem anderen zeichnet Rolf Beckers Kunst aus, oder mehr noch sein so häufiges cross-over zwischen hoher Kunst und politischer Einmischung. Sein Einsatz für die wiederentdeckten Werke des ebenso menschenrechtlich engagierten Poeten Armin T. Wegner legt gerade für diese Becker-typische Mischung beredtes Zeugnis ab. (Hans-Detlev von Kirchbach)
„Erschlagen, erschossen, erhängt, vergiftet, erdolcht, erdrosselt, von Seuchen verzehrt, ertränkt, erfroren, verdurstet, verhungert, verfault, von Schakelen angefressen. Kinder weinten sich in den Tod. Männer zerschmetterten sich an Felsen, Schwangere stürzten sich, die Hände aneinandergebunden, mit Gesang in den Euphrat“, beklagte der pazifistische Schriftsteller Armin T. Wegener das Grauen des türkischen Genozid an den Armeniern gegenüber deutschen Kaiser und dem amerikanischen Präsidenten. Doch die interessierte das Schicksal nicht. Gerade der deutsche Kaiser hätte Einfluss auf die befreundeten Türken nehmen können. Im Gegenteil: Generalmajor Fritz Bronsart von Schellendorf befahl am 25.07.1915 die Deportation und Todesmärsche von entwaffneten Armeniern in die syrische Wüste. Eine weitere deutsche Kriegsschuld steht in den Geschichtsbüchern. Wegener verarbeitete dieses Grauen 1921 in seinem Buch „Der Knabe Hüssein…“.
In einer eindrucksvollen Lesung bot Rolf Becker einen Ausschnitt daraus am 26.2.2013 in der Alten Feuerwache in Köln.
Unsere Tonbildschau mit Rolf Becker sehen sie hier!
(Armin T. Wegner: Der Knabe Hüssein und andere Erzählungen, Ausgewählte Werke in Einzelbänden (Hg. von Ulrich Klan i.A. der Armin T. Wegner Gesellschaft, 2012; ISBN: 978-3-8353-1104-6)
Rolf Becker, Jahrgang 1935, gehört zur Generation der Kriegskinder; die Erfahrung hat ihn geprägt. Und so tritt der Bühnen-Film-und Sprechkünstler immer wieder auf der realen "Bühne" politischer Auseinandersetzung auf und spricht mit seiner aus Radio und Fernsehen seit einem halben Jahrhundert publikumsvertrauten, einprägsam sonoren Stimme Ungefälliges aus; der Sohn eines 1943 gefallenen Wehrmachtsoffiziers engagiert sich seit jeher gegen Kriegstreiberei und Menschenschinderei.
Dieses Engagement hat dem aktiven verdi-Gewerkschafter nicht nur Zustimmung eingetragen - wie etwa sein Einsatz für den seit 1982 nach einem manipulativen Todesurteil als angeblicher Polizistenmörder eingekerkerten Mumia Abu Jamal, den er in seiner Todeszelle besuchte. Oder seine Redeauftritte bei Demonstrationen, sein Protest gegen Kriegsführung in Jugoslawien oder Afghanistan.
Dabei geht es ihm nie um Promi-Theater und personality-show, sondern stets um die Sache und um die Menschen, für die er sich, wie im Falle Mumia Abu Jamal, mit ganzer Person einsetzt. Doch bleibt er stets Künstler, der freilich keine Trennlinie zwischen Kunst und Leben zieht. Im Gegenteil: Verkörpern nämlich konnte er sie schon überzeugend, die aalglatten Macht-und Karrieretypen, als wären sie ihm auf oder aus dem Leib gewachsen, wie etwa der schroffe Staatsanwalt in "Die verlorene Ehre der Katharina Blum".
Und so war es auch seine realitätsnahe, entlarvende Typisierung eines politischen Strafverfolgers, die diese Böll- Verfilmung zu einem regelrechten Haßstück für manche Urheber des Treibjagdklimas in den Tagen des "deutschen Herbstes" geraten ließ. Andererseits führt er mit seinem ebenso skurillen wie handfesten Eisenbahner "Heinrich der Säger" (zusammen mit seiner Tochter Meret) eine höchst phantastische Variante vor, Widerstand gegen die allgegenwärtige Volksenteignung im Interesse des Profits zu leisten.
Dabei aber wirkt er völlig authentisch, weil er seine Figur nicht nur sympathisierend spielt - Rolf Becker ist Heinrich der Säger! Partei zu ergreifen, indem er mit den Mitteln seines hochkarätigen Schauspielhandwerks das Wesen der Verhältnisse in lebendigen menschlichen Rollen sichtbar werden läßt, das unter vielem anderen zeichnet Rolf Beckers Kunst aus, oder mehr noch sein so häufiges cross-over zwischen hoher Kunst und politischer Einmischung. Sein Einsatz für die wiederentdeckten Werke des ebenso menschenrechtlich engagierten Poeten Armin T. Wegner legt gerade für diese Becker-typische Mischung beredtes Zeugnis ab. (Hans-Detlev von Kirchbach)
"Erschlagen, erschossen, erhängt, vergiftet, erdolcht, erdrosselt, von Seuchen verzehrt, ertränkt, erfroren, verdurstet, verhungert, verfault, von Schakelen angefressen. Kinder weinten sich in den Tod. Männer zerschmetterten sich an Felsen, Schwangere stürzten sich, die Hände aneinandergebunden, mit Gesang in den Euphrat", beklagte der pazifistische Schriftsteller Armin T. Wegener das Grauen des türkischen Genozid an den Armeniern gegenüber deutschen Kaiser und dem amerikanischen Präsidenten. Doch die interessierte das Schicksal nicht. Gerade der deutsche Kaiser hätte Einfluss auf die befreundeten Türken nehmen können. Im Gegenteil: Generalmajor Fritz Bronsart von Schellendorf befahl am 25.07.1915 die Deportation und Todesmärsche von entwaffneten Armeniern in die syrische Wüste. Eine weitere deutsche Kriegsschuld steht in den Geschichtsbüchern. Wegener verarbeitete dieses Grauen 1921 in seinem Buch "Der Knabe Hüssein...".
In einer eindrucksvollen Lesung bot Rolf Becker einen Ausschnitt daraus am 26.2.2013 in der Alten Feuerwache in Köln.
Unsere Tonbildschau mit Rolf Becker sehen sie hier!
(Armin T. Wegner: Der Knabe Hüssein und andere Erzählungen, Ausgewählte Werke in Einzelbänden (Hg. von Ulrich Klan i.A. der Armin T. Wegner Gesellschaft, 2012; ISBN: 978-3-8353-1104-6)