Köln: Bericht über eine „Wahnmache“


Variablen setzten Beginn

‚Rothschild‘. Ja, da weiß man gleich Bescheid. Und klatscht. Und die FED. Und die New World Order.

Die montägliche Kölner Friedensmahnwachenversion entsprach schlussendlich durchaus den Erwartungen, die man an das Unterhaltungsprogramm des rheinischen Querfrontkomitees richten konnte: zuerst papierene Beschwörungen einer schönen neuen Welt, linke und friedensbewegte Rhetorik zur offiziellen Eröffnung, darin aber bereits einige „Quer“-Verweise; dann Eröffnung eines bunten Reigens von teils schauerlich langatmigen Redebeiträgen mit streckenweise Schüleraufsatzniveau z.B. über das Geldsystem als Spielbankroulette – immer getreu dem Paradigma Real- versus Finanz-, respektive „schaffendes“ und „raffendes“ Kapital; dann geschlagene 30 Minuten lang der ebenfalls unaufhörlich hingestotterte Erweckungsvortrag eines 19jährigen Veganers – hier gewann der Begriff „Langeweile“ eine völlig neue Dimension; der unterzeichnende Mummelgreis verfiel einige Male in Sekundenschlaf; danach kam ein Mensch, der sich, wenn auch nur mit Vornamen, als Mitglied bei den „Naturwissenschaftlern für den Frieden“ vorstellte und die „neue Friedensbewegung“ mit hinreichender Emphase begrüßte, gar die Abschaffung der NATO forderte.

Man fühlte sich fast wie beim richtigen Ostermarsch; doch, als mein Kollege schon meinte, bringt das noch was?, wollnmer gehn?, ja, dann ging’s aber erst richtig los (op kölsch: jätz jeht et loss). Da kam dann, was den echtgekörnten Querfrontler im Herz erfreut: Erst ein „Bericht“ von der Veranstaltung mit einer gewissen Jutta Ditfurth, die erstemal zwei Stunden lang sinnloserweise ihre Familie beschimpft hätte (siehe hier!), ein anderer Redner beschwor später, dass wir doch alle eine große Familie sein sollten) und dann anschließend die neue Friedensbewegung diffamiert habe und überhaupt ganz böse war. Als Höhepunkt am Ende der offiziellen Rednerliste ein rednerisch mal endlich begabter Mensch, der den schon „angefixten“ ZuhörerInnen jetzt mal richtig was vom Pferd (op kölsch: Pääd) erzählen konnte. Da war „Fallada, der du da hangest“, rein garnix dagegen. Es entfaltete sich bunt das Märchenpanorama einer Welt, die seit Ur- und Unzeiten von Geheimgesellschaften regiert und dirigiert wird. Auf’m Dollarschein – das weißt du vielleicht noch garnicht – oder hat man den Blödsinn nicht schon 77x77x gehört, ist ein Geheimzeichen der Freimaurer eingraviert, und die Symbole überall, und die Illuminaten – ach wirklich, selbst mir lief ne Gänsehaut über den gramgebeugten Rücken, aber auch nur angesichts der gläubigen Glubschäugigkeit, mit der ca. 300 mutmaßlich sonst kritikfähige Leute – die man teils aus der „Szene“ kennt – solches Dementi von Analyse durch Mythologie für bare Münze nahmen. Und auch die Bilderberger durften nicht fehlen, und nur David Ickes Echsenwesen, die haben leider grade noch gefehlt, wo ich doch so ein Godzilla-Fan bin. Weltgeschichte und Weltpolitik auf der Diskursebene paranoider Verschwörungsfilme wie „Sie leben!“, aber mit ideologischer Botschaft, wie man sie aus den einschlägigen Machwerken der Polit-Esoterik kennt – nein, keine „Auschwitz-Lüge“ wie bei Udo Holey alias Jan van Helsing; aber auf den signalhaften Reflexauslöser kann natürlich nicht verzichtet werden: „Rothschild“. Ja, da weiß man gleich Bescheid. Und klatscht. Und die FED. Und die New World Order.

Und dann ad finitum eine Inszenierung und ein – soweit man das bei 300 Leuten sagen kann – „Massenimpuls“, der direkt in die Sphäre von Sekten und Psychokulten führte: Wir wollen uns und die Welt jetzt irgendwie geistig reinigen, meinte der Referent, dann reinigen wir die Welt, wir stehen jetzt alle mal auf und machen irgendwelche komischen symbolistischen Verrenkungen und murmeln dabei irgendwas vor uns hin, und dann stehen 300 erwachsene Leute vom Boden auf, wenn sie nicht schon stehen und folgen gläubig den Anweisungen des Esoterik-Coachs.

Der fotografierende Kollege ist NLP-erfahren und erkannte darin gleich den manipulativen Charakter, meinte hörbar, das habe mit Friedensarbeit doch nichts mehr zu tun, und musste sich dann der an die Grenze des physischen Übergriffs gehenden aggressiven Zudringlichkeit einiger der friedlichen Weltfriedensbeschwörer erwehren, so dass ich mich dort noch einmischen und meine perfekte Tarnung als nur zufällig am Rand sitzender kaffeeschlürfender Rentner aufgeben und mein Aufnahmegerät vor den Beschlagnahmeversuchen eines Herrn vom „Institut für natürliche Wirtschaftsordnung“ nachdrücklich verteidigen musste, während am „offenen Mikro“ nebenbei ein „Reichsbürger“ irgendwas vom schlafenden oder aufwachenden Deutschland brabbelte. – Die Erfolgsserie wird fortgesetzt. (Hans-Detlev v. Kirchbach)

Bericht von einem, der zum ersten Mal auf eine Wahnmache ging, die in Köln am 7.7.2014 stattfand.

Ergänzung: Ernsthafte Friedensarbeit beginnt zunächst mit Aufklärung. Hier bot am 10. Juli das Allerweltshaus Köln eine Gelegenheit. Der Vortrag ist hier zu finden!

'Rothschild'. Ja, da weiß man gleich Bescheid. Und klatscht. Und die FED. Und die New World Order.

Die montägliche Kölner Friedensmahnwachenversion entsprach schlussendlich durchaus den Erwartungen, die man an das Unterhaltungsprogramm des rheinischen Querfrontkomitees richten konnte: zuerst papierene Beschwörungen einer schönen neuen Welt, linke und friedensbewegte Rhetorik zur offiziellen Eröffnung, darin aber bereits einige "Quer"-Verweise; dann Eröffnung eines bunten Reigens von teils schauerlich langatmigen Redebeiträgen mit streckenweise Schüleraufsatzniveau z.B. über das Geldsystem als Spielbankroulette – immer getreu dem Paradigma Real- versus Finanz-, respektive "schaffendes" und "raffendes" Kapital; dann geschlagene 30 Minuten lang der ebenfalls unaufhörlich hingestotterte Erweckungsvortrag eines 19jährigen Veganers – hier gewann der Begriff "Langeweile" eine völlig neue Dimension; der unterzeichnende Mummelgreis verfiel einige Male in Sekundenschlaf; danach kam ein Mensch, der sich, wenn auch nur mit Vornamen, als Mitglied bei den "Naturwissenschaftlern für den Frieden" vorstellte und die "neue Friedensbewegung" mit hinreichender Emphase begrüßte, gar die Abschaffung der NATO forderte.

Man fühlte sich fast wie beim richtigen Ostermarsch; doch, als mein Kollege schon meinte, bringt das noch was?, wollnmer gehn?, ja, dann ging's aber erst richtig los (op kölsch: jätz jeht et loss). Da kam dann, was den echtgekörnten Querfrontler im Herz erfreut: Erst ein "Bericht" von der Veranstaltung mit einer gewissen Jutta Ditfurth, die erstemal zwei Stunden lang sinnloserweise ihre Familie beschimpft hätte (siehe hier!), ein anderer Redner beschwor später, dass wir doch alle eine große Familie sein sollten) und dann anschließend die neue Friedensbewegung diffamiert habe und überhaupt ganz böse war. Als Höhepunkt am Ende der offiziellen Rednerliste ein rednerisch mal endlich begabter Mensch, der den schon "angefixten" ZuhörerInnen jetzt mal richtig was vom Pferd (op kölsch: Pääd) erzählen konnte. Da war "Fallada, der du da hangest", rein garnix dagegen. Es entfaltete sich bunt das Märchenpanorama einer Welt, die seit Ur- und Unzeiten von Geheimgesellschaften regiert und dirigiert wird. Auf'm Dollarschein - das weißt du vielleicht noch garnicht - oder hat man den Blödsinn nicht schon 77x77x gehört, ist ein Geheimzeichen der Freimaurer eingraviert, und die Symbole überall, und die Illuminaten – ach wirklich, selbst mir lief ne Gänsehaut über den gramgebeugten Rücken, aber auch nur angesichts der gläubigen Glubschäugigkeit, mit der ca. 300 mutmaßlich sonst kritikfähige Leute – die man teils aus der "Szene" kennt – solches Dementi von Analyse durch Mythologie für bare Münze nahmen. Und auch die Bilderberger durften nicht fehlen, und nur David Ickes Echsenwesen, die haben leider grade noch gefehlt, wo ich doch so ein Godzilla-Fan bin. Weltgeschichte und Weltpolitik auf der Diskursebene paranoider Verschwörungsfilme wie "Sie leben!", aber mit ideologischer Botschaft, wie man sie aus den einschlägigen Machwerken der Polit-Esoterik kennt – nein, keine "Auschwitz-Lüge" wie bei Udo Holey alias Jan van Helsing; aber auf den signalhaften Reflexauslöser kann natürlich nicht verzichtet werden: "Rothschild". Ja, da weiß man gleich Bescheid. Und klatscht. Und die FED. Und die New World Order.

Und dann ad finitum eine Inszenierung und ein – soweit man das bei 300 Leuten sagen kann – "Massenimpuls", der direkt in die Sphäre von Sekten und Psychokulten führte: Wir wollen uns und die Welt jetzt irgendwie geistig reinigen, meinte der Referent, dann reinigen wir die Welt, wir stehen jetzt alle mal auf und machen irgendwelche komischen symbolistischen Verrenkungen und murmeln dabei irgendwas vor uns hin, und dann stehen 300 erwachsene Leute vom Boden auf, wenn sie nicht schon stehen und folgen gläubig den Anweisungen des Esoterik-Coachs.

Der fotografierende Kollege ist NLP-erfahren und erkannte darin gleich den manipulativen Charakter, meinte hörbar, das habe mit Friedensarbeit doch nichts mehr zu tun, und musste sich dann der an die Grenze des physischen Übergriffs gehenden aggressiven Zudringlichkeit einiger der friedlichen Weltfriedensbeschwörer erwehren, so dass ich mich dort noch einmischen und meine perfekte Tarnung als nur zufällig am Rand sitzender kaffeeschlürfender Rentner aufgeben und mein Aufnahmegerät vor den Beschlagnahmeversuchen eines Herrn vom "Institut für natürliche Wirtschaftsordnung" nachdrücklich verteidigen musste, während am "offenen Mikro" nebenbei ein "Reichsbürger" irgendwas vom schlafenden oder aufwachenden Deutschland brabbelte. – Die Erfolgsserie wird fortgesetzt. (Hans-Detlev v. Kirchbach)

Bericht von einem, der zum ersten Mal auf eine Wahnmache ging, die in Köln am 7.7.2014 stattfand.

Ergänzung: Ernsthafte Friedensarbeit beginnt zunächst mit Aufklärung. Hier bot am 10. Juli das Allerweltshaus Köln eine Gelegenheit. Der Vortrag ist hier zu finden!

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