23. Rosa-Luxemburg-Konferenz: Die Machtfrage stellen

Die 23. Rosa-Luxemburg-Konferenz in Berlin am 13. Januar stand ganz unter dem Motto alternativer Machtfragen. Hierzulande wurde die wichtige Veranstaltung weitgehend totgeschwiegen, obwohl sie mit ca. 3.000 internationalen Teilnehmern zentrale, internationale Zusammenhänge behandelte. Für die provinziellen deutschen Medien waren die Themen offenbar nicht interessant genug. Mit 30 Verlagen, Organisationen und Parteien war auch R-mediabase wieder mit einen Stand vertreten. (Mehr hier!) Mehr auch in der jungen welt v. 14. Januar.

Karl Marx wusste bereits 1848 zur Globalisierung zu sagen: „Das Bedürfnis nach einem stets ausgedehnteren Absatz für ihre Produkte jagt die Bourgeoisie über die ganze Erdkugel. Überall muß sie sich einnisten, überall anbauen, überall Verbindungen herstellen. Die Bourgeoisie hat durch ihre Exploitation des Weltmarkts die Produktion und Konsumtion aller Länder kosmopolitisch gestaltet. An die Stelle der alten lokalen und nationalen Sebstgenügsamkeit und Abgeschlossenheit tritt ein allseitiger Verkehr, eine allseitige Abhängigkeit der Nationen voneinander.“

Wird Kapital also ins Ausland geschickt, so „geschieht das nicht, weil es absolut nicht im Inland beschäftigt werden kann. Es geschieht, weil es zu höherer Profitrate im Auslande beschäftigt werden kann.“ Mehr zur Globalisierung von Marx und Engels hier! (Thomas Mergel, Marx, Engels und die Globalisierung, in: Zeithistorische Forschungen/Studies in Contemporary History 6 (2009), S. 276-289).

Die Globalisierung ist demnach, so Sarah Wagenknecht, „kein naturläufiger Prozess, auch wenn das gern so dargestellt wird, sie ist selbst Ergebnis von Politik. Sie wurde politisch gemacht mit jeder Maßnahme zur weiteren Deregulierung und Liberalisierung des internationalen Kapitalverkehrs, mit der Erpressung von Entwicklungsländern, ihre Kapitalmärkte zu öffnen und ausländische Übernahmen zuzulassen, – sie wird gemacht von den großen Industriestaaten und nicht zuletzt von der Europäischen Union.“

Der afrikanische Philosoph Achille Mbembe in einem Interview (zitiert aus dem Veranstaltungstext): „Die »Neger« EU-Europas, erläuterte er in einem Interview, seien heute die Griechen. Das Land und die dort unterm Diktat internationaler Konzerne, Brüssels und Berlins geschaffene Verelendung und Massenarbeitslosigkeit, die Lohnsenkungen und Rentenkürzungenen bei Erhalt der Steuerfreiheit für die Reichsten der Reichen sieht er als Beispiel für eine allgemeine Tendenz: Heute sind Milliarden Menschen gezwungen, ihre Arbeitskraft nicht nur zu verkaufen, sondern sie auch buchstäblich jederzeit zur Verfügung zu halten. Die Zahl derjenigen, die ohne Schutzrechte einem ökonomischen Willkürregime ausgeliefert sind, nimmt stetig zu. Faktisch, so Mbembe, haben sie den Status von Sklaven. Dafür aber waren in der neueren europäischen und nordamerikanischen Geschichte, im bisherigen Kapitalismus in erster Linie Afrikaner vorgesehen. Das ändert sich im Zeichen neokolonialer Kriege, von Demokratie- und Sozialabbau seit dem Ende der Sowjetunion: Alle Arbeitenden weltweit werden in diesem Sinn »afrikanisiert«.

Afrika rückt in den Mittelpunkt des Weltgeschehens – in mehrfacher Hinsicht. Der ökonomische Kampf um die Ressourcen des Kontinents ist in vollem Gang. 130 Milliarden US-Dollar sogenannter Entwicklungshilfe gehen jährlich in ärmere Länder, eine Billion US-Dollar fließen aus ihnen aber pro Jahr illegal ab – vor allem aus Afrika.

Die Zeit ist reif für eine afrikanische, lateinamerikanische oder asiatische Theorie einer kommenden Revolution. Die Anzeichen mehren sich, dass in der Bevölkerung dieser Kontinente, unter deren Politikern und Wissenschaftlern viel in Bewegung kommt. Aus all diesen Gründen ist Afrika Schwerpunkt der XXIII. Internationalen Rosa-Luxemburg-Konferenz.“ (Hans-Dieter Hey, Fotos: Rudi Denner, Berlin)

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