Auftakt zum Bonner People’s Climate Summit 2017

Parallel zum 23. Weltklimagipfel in Bonn findet am selben Ort vom 03.-07.11.2017 unter der Ägide mehrerer Nichtregierungsorganisationen der People’s Climate Summit statt. Angedacht ist ein Ort der Begegnung und Inspiration sowie der gegenseitigen Vernetzung und Unterstützung von Menschen aus aller Welt, die unmittelbar vom Klimawandel betroffen sind und sich gegen die Folgen wappnen müssen oder dagegen zur Wehr setzen.
Mit einer Vielzahl von Vorträgen und Workshops wird aufgezeigt, wie gerade die Bevölkerung der südlichen Hemisphäre, die am wenigsten für die Klimaerwärmung verantwortlich sind, am meisten mit den Folgen zu kämpfen haben: zunehmende Naturkatastrophen wie Dürre, Wirbelstürme und Überschwemmungen, langsamere Entwicklungen wie Gletscherabschmelzungen oder der Anstieg des Meeresspiegels und die weiter fortschreitende Ausbeutung der Bodenschätze zugunsten der reichen Industrienationen verstärken hier die wirtschaftliche Not, bedrohen immer mehr Inselstaaten in ihrer Existenz und heizen Flüchtlingsbewegungen an. Dazu werden Alternativen und Lösungsansätze vorgestellt und diskutiert.

Den Auftakt machte am 03.11.2017 eine Podiumsdiskussion in der Campusmensa in Bonn-Poppelsdorf.

Im voll besetzten Saal führte Barbara Unmüßig von der mit ausrichtenden Heinrich-Böll-Stiftung durch den Abend. Über Empfangsgeräte mit Kopfhörern konnte die Veranstaltung vom Publikum durch Simultandolmetscher in den vier Sprachen Deutsch, Englisch, Französisch und Spanisch mitverfolgt werden.

Sechs Diskussionsteilnehmer referierten über die Situation in verschiedenen Regionen der Welt:

Makereta Wagavonovono, eine Rechtsanwältin von den die Klimakonferenz ausrichtenden Fidschi-Inseln, schilderte wie in ihrer Heimat seit der Klimaerwärmung die Jahreszeiten durcheinander gerieten. Es gibt längere Hitzeperioden, paradoxerweise auch mehr Regen – was die Verbreitung von Tropenkrankheiten wie das Dengue-Fieber verstärkt hat. Tropische Wirbelstürme (Zyklone) treten in größerer Zahl und stärkerer Wucht auf. Der letzte große Wirbelsturm verursachte einen wirtschaftlichen Schaden in Höhe von 1/3 des jährlichen Bruttoinlandsproduktes. Die Entwicklung wir dazu führen, dass bis zu 800 Ortschaften umgesiedelt und ganze Inseln komplett aufgegeben werden müssen. Die eigene Regierung legt Schutzwälle an den Küsten an, die Kosten können aber von einer solch kleinen Nation nicht allein getragen werden. „Dabei haben wir noch Glück“, so Wagavonovono, „die Fidschis sind Vulkaninseln, auf denen wir in höher gelegene Gebiete ausweichen können. Auf anderen Inselstaaten ist dies gar nicht möglich.“ Wagavonovono arbeitet an einer Klageführung gegen die Klimasünder auf internationaler Ebene.

Auf demselben Gebiet ist der US-Amerikaner Carroll Muffett (m.) vom Center for International Enviromental Law (CIEL) tätig. Von Klimakonferenzen erhofft sich Muffett mittlerweile nur noch wenig Bewegung: „In vielen Regierungsdelegationen sind Vertreter von Unternehmen mit am Verhandlungstisch, die selbst für den Klimawandel verantwortlich sind, auch in Gremien der EU.“ Schon 1958 habe der Mineralölkonzern Exxon eigene Untersuchungen über die Folgen des Verheizens fossiler Brennstoffe angestellt –mit der Erkenntnis, Gegenmaßnahmen durch Regierungen und Druck aus der Bevölkerung mit Lobbyarbeit und Hinhaltetaktiken abwehren zu müssen. „Der Rechtsweg auf diesem Gebiet ist zeitraubend, kostspielig und ungewiss – aber trotzdem nötig. Im Wesentlichen sind es 90 internationale Unternehmen, die heute das Klima anheizen. Verklagt gehören sie alle!“ (weiter unten mehr)

Udo Slawiczek

Einen Versuch dieser Art hat Saul Luciano Lliuya, Bergführer in den peruanischen Anden im Gebiet der Corriera Blanca, schon unternommen: wegen der seit Jahrzenten durch Gletscherabschmelzung anschwillenden Bergseen ist auch sein Wohnort Huaraz in seiner Existenz bedroht. Lliuya führt derzeit eine Klage gegen den deutschen Energiekonzern RWE auf anteilige Kostenübernahme von Schutzmaßnahmen, die zur Zeit in 2. Instanz anhängig ist.

Kwami Kpondzo vom International Executive Committee von Friends of the Earth schilderte die Umweltbelastungen durch die Ölförderung in Afrika: verseuchte Böden und Gewässer rauben Bauern und Fischern ihre Lebensgrundlage, die Abfackelung von Erdgas verschmutzt die Luft und schädigt die Gesundheit. Seine Organisation fördert die Aufklärung der Bevölkerung und den Aufbau von Widerstandsbewegungen.

Nguy Thi Khanh vom Green Innovation and Development Centre in Vietnam referierte über den Ausbau von erneuerbaren Energien und die Umsetzung von Energieeffizienzmaßnahmen in ihrem Heimatland. „Noch vor 10 Jahren war der Klimawandel in Vietnam kaum ein Thema“, so Nguy. „Durch zunehmende Überschwemmungen, durch die große Mengen an Boden unbrauchbar wurden, hat sich dies geändert. Mittlerweile sind in Vietnam bereits mehgrere Kohlekraftwerke mit einer Leistung von insgesamt 20.000 MW stillgelegt worden. Aber der Ausgleich durch erneuerbare Energien hinkt noch hinterher.“

Teresa Anderson (UK) von Action Aid schließlich stellte die Vorstellungen über die Energieausbeutung durch nachwachsende Rohstoffe in Frage. Hierdurch würden gigantische Landflächen benötigt, die zu Vertreibung angestammter Landbevölkerung und Lebensmittelknappheit führen würden.

Nach der Diskussionsrunde führte die Gruppe Pacific Climate Warriors traditionelle kulturelle Darbietungen aus den verschiedenen Regionen der pazifischen Inselwelt auf.

Mehr Informationen zum Thema und über die Veranstaltungen gibt es hier: https://pcs2017.org/de

 

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