„Münster Horror Climate Show“


Variablen setzten Beginn

Dezentrale Aktionen an verschiedenen „Tatorten“ der globalen Klimakatastrophe

Unter dem Motto „Münster Horror Climate Show – Die Klimakrise wartet nicht“ hatte das Bündnis Klimaalarm (bestehend aus den Münsteraner Gruppen BUNDjugend, Ende Gelände, Extinction Rebellion, Interventionistische Linke, Fossil Free, Fridays For Future, Seebrücke, SofA – Sofortiger Atomausstieg, Students for Future und dem Tierrechtstreff) mehrere dezentrale Aktionen vorbereitet. Von 15 bis 18:00 Uhr konnte man an verschiedenen Aktionen zwischen dem LWL-Landeshaus am Freiherr-vom-Stein-Platz und dem Aasee teilnehmen, die die Klimakatastrophe in Münster an den entsprechenden „Tatorten“ deutlich machen. Mehrere hundert Menschen besuchten die einzelnen Aktionen.

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Aufgrund der steigenden Corona-Infektionszahlen hatte das Bündnis vom eigentlich geplanten Demonstrationszug abgesehen und stattdessen zu aktivistischen Spaziergängen in kleinen Gruppen aufgerufen. So wollte das Bündnis zeigen, dass auch während der Coronakrise der Einsatz für eine klimagerechte Zukunft mit Protest auf der Straße möglich und notwendig ist. „Uns ist es wichtig, verantwortungsvoll und solidarisch in der Coronakrise zu handeln. Gleichzeitig schreitet die Klimakrise mit voller Wucht voran, sodass weltweit bestehende Ungerechtigkeiten massiv verschärft werden. Davor dürfen wir nicht die Augen verschließen“, so Lena Ursprung von Students for Future Münster.

Ausstieg aus fossilen Brennstoffen gefordert: Weg mit Kohle, Öl und Gas!

Begonnen hat der Aktionsspaziergang am Landeshaus, wo Fossil Free Münster vor dem Hauptgebäude des Landschaftsverband Westfalen-Lippe protesteierte. Denn dieser halte immer noch knapp 5 Mio. Aktien des „Klimakillers RWE“. Den Verkauf hält Fossil Free Münster für absolut notwendig, um eine gerechte Politik für Menschen und Umwelt zu ermöglichen. Konsequentes Handeln für Klimagerechtigkeit gehe nur, wenn auch die Parteipolitik unabhängig von profitorientierten Konzerninteressen entscheiden kann. „Wenn der LWL die Abstoßung der RWE-Aktien nicht endlich mal umsetzt, wird er langsam zum Gruselkabinett“, kommentiert Lina Birkner für Fossil Free Münster.

Bilanz der Bundesregierung im Klimaschutz unbefriedigend

Weiter ging es am Büro von Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD). Die BUNDjugend Münster hatte dort einen Stand aufgebaut an dem man ein Rad drehen konnte auf denen die Bundesminister*innen Julia Klöckner, Svenja Schulze und Andreas Scheuer vermerkt waren. So konnte man am Rad drehen und eine Jubel-Rede einer der Minister*innen gewinnen. Dabei sei das „sogenannte Klimapaket der Regierung nicht ausreichend und auch der Kohleausstieg könne mit der Inbetriebnahme eines riesigen neuen Kohlekraftwerks nicht ernst genommen werden“, so die BUNDjugend. „Die Corona-Hilfen werden zu mehr neuen Autos auf den Straßen führen. Und eine Staatsbeteiligung an Lufthansa in Milliardenhöhe wird auch in Zukunft ökologisch sinnvolle Flugbeschränkungen verhindern. Die Bilanz der Bundesregierung im Klimaschutz ist höchst unbefriedigend“, so Sebastian Rümmelein von der BUNDjugend Münster. Das wolle man vor dem Büro der Bundesumweltministerin Svenja Schulze klarmachen.

Gegen Racial Profiling und Repression

Am Hauptbahnhof trafen wir die Kundgebung von Sofa (Sofortiger Ausstieg) Münster, der Interventionistischen Linken und der Gruppe „Chico Mendes Münster“:  

Die IL wollte damit die Bundespolizeiinspektion als „Tatort“ der Klimakatastrophe kennzeichnen. Die Bundespolizei stehe besonders für Repression gegen Migrant*innen und Asylsuchende. „Wenn wir die Praxis des Racial Profilings kritisieren, dürfen wir aber nicht vergessen, dass es auch eine fundamentale Kritik an den Rahmenbedingungen des kapitalistischen Staates braucht. Die Bundespolizei steht auch für Repression gegen Protestaktionen wie Castortransporte und Braunkohletagebaue. Dabei greift sie immer wieder mit massiver Gewalt Aktivist*innen an und verteidigt so die anhaltende Zerstörung des Klimas“, so Lisa Bergen von der Interventionistischen Linken Münster.

Gegen Münster als Drehscheibe für internationale Urantransporte

SOFA kritisierte (auch am Bahnhof), dass Münster eine Drehscheibe für internationale Urantransporte sei. Dies solle nach dem Willen der Bundesregierung auch so bleiben, hieß es von Seiten der Aktivist*innen. Seit Mai 2019 seien insgesamt 20 Uranmüllzüge von der Urananreicherungsanlage Gronau durch den Münsteraner Hauptbahnhof zur billigen Endlagerung nach Russland gefahren. Der Urananreicherer Urenco und die deutschen Anteilseigner RWE und EON wollen so eine wesentlich teurere Atommülllagerung in Deutschland vermeiden. Doch Russland sei nicht die Atommüllkippe für Deutschland, kritisiert Sofa. Zugleich sichere die Urananreicherung in Gronau Deutschland die technische Möglichkeit zur Anreicherung von atomwaffenfähigem Uran. Aus diesem Grund sei die Urananreicherung vom Atomausstieg ausgenommen worden. So fordern die Aktivist*innen von Sofa von der Bundesregierung einen sofortigen Stopp der Uranmüllexporte sowie die Stilllegung der Urananreicherungsanlage Gronau. Ebenso wurde der anstehende Atommülltransport aus England über Nordenham nach Biblis kritisiert, der in den nächsten Tagen womöglich auch durch Münsters Hauptbahnhof fährt.

Internationale Kampf für Klimagerechtigkeit und Gerechtigkeit für die indigene Bevölkerung

Und die Gruppe „Chico Mendes Münster“ kritisierte die globalen Menschenrechtsverletzungen der Energiekonzerne Am Beispiel Guatemala. Sie kritisierten die gewaltsame Unterdrückung der indigenen Bevölkerung durch korrupte Eliten mit Hilfe der transnationalen Energiekonzerne. Das Münsteraner Solidaritätsprojekt „Chico Mendes“ unterstützt die lokale Gruppe „Proyecto de Reforestación Chico Mendes“ in Guatemala im Dorf Pachaj, das sich nicht nur dem friedlichen und internationalen Kampf für Klimagerechtigkeit und Gerechtigkeit für die indigene Bevölkerung auf die Fahne geschrieben hat, sondern auch ganz konkret und lokal vom Aussterben bedrohte Bäume oder Bäume, die geschützte Tiere anlocken, pflanzt. Damit sollen die aufgeforsteten Bereiche unter Schutz gestellt werden. Das Projekt benennt sich nach dem brasilianischen Gewerkschafter und Umweltschützer, der 1988 von Großgrundbesitzern ermordet wurde.

Der Prinzipalmarkt geht schwimmen

An der Promenade, Ecke Windthorststraße machte Greenpeace mit einer schwimmenden Kulisse eines Prinzipalmarkt-Modells symbolisch auf den globalen Meeresspiegelanstieg aufmerksam. „Das Schmelzen von Gletschern und des Inlandeises an den Polen, sowie die Ausdehnung der sich erwärmenden Ozeane lassen den Meeresspiegel weltweit steigen“, kritisierte die Gruppe. „Während im 20. Jahrhundert der durchschnittliche jährliche Anstieg noch bei 1,7 mm lag, betrug dieser für die vergangenen zwei Jahrzehnte bereits 3,2mm pro Jahr. Laut Weltklimarat könnte bis zum Ende des Jahrhunderts der Meeresspiegel um bis zu 1 Meter ansteigen. Solch ein Anstieg bedeute eine unmittelbare Gefährdung, insbesondere für dichtbesiedelte Küstenregionen und Inselstaaten. 30 der 50 größten Städte liegen am Meer, weltweit seien somit rund 200 Millionen Menschen in tiefliegenden Küstenregionen betroffen“, so beschreibt Greenpeace die zu erwartende Situation, wenn gegen die Klimaerwärmung nichts unternommen werde.

Gegen Tierausbeutung auch bei McDonalds

Weiter ging es in der Salzstraße: Dort hatte der Tierrechtstreff Münster vor der Filiale von McDonalds ein imposantes Straßentheater aufgeführt. „Der blutrünstige Konzern McDonalds repräsentiert für uns am 31. Oktober die Tierausbeutung als eine der größten Klima-Sünden dieses Planeten. Hier werden empfindungsfähige Lebewesen aus reiner Profit-Gier um ihre essenziellsten Bedürfnisse gebracht. Längst kann auch der führende Anteil der Tierindustrie an den sozialen und ökologischen Folgen des Klimawandels nicht mehr geleugnet werden. Wie soll ein Herrschaftssystem, das auf Profit, Ungerechtigkeit, Diskriminierung und Leid basiert, Gerechtigkeit vorbringen?“, fragte der Tierrechtstreff. „Klimagerechtigkeit beginnt bei der Kritik am vorherrschenden System und seinen Säulen, dem Kapitalismus, dem Rassismus, dem Patriarchat und nicht zuletzt auch dem Speziesismus!“, so Josephine Härthe vom Tierrechtstreff Münster.

Verkehrspolitik, die sich nicht weiter im Kreis dreht

Die Students for Future Münster machten sich am Ludgerikreisel für eine Verkehrspolitik stark, „die sich nicht weiter im Kreis dreht“. Es sei notwendig, die autofixierte Verkehrsplanung zu beenden und stattdessen mehr Platz für Fußgänger*innen und Fahrräder zu schaffen sowie den Ausbau des ÖPNV voranzutreiben. „Es kann nicht sein, dass der ÖPNV weiter kaputtgespart wird. Um Klimaziele zu erreichen, braucht es eine Verkehrswende und das geht nur mit weniger Autos und mehr Bussen und Bahnen. Dafür müssen sich die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten endlich verbessern“, so Julian Hindriks von Students for Future Münster.

Ende der Abschiebungen gefordert

Am Stadthaus 2 (auch am Ludgerikreisel) protestierte die Seebrücke Münster an der Ausländerbehörde. Sie kritisieren: „Dass der Klimawandel zum Hauptfluchtgrund werden könnte, sei schon dem Flüchtlingskommissar der UNO im Jahr 2009 klar gewesen, doch noch immer trage die EU weiter zur Zerstörung von Existenzen bei“, so die Aktivist*innen. „Die Verursacher*innen befinden sich im globalen Norden, die Leidtragenden im globalen Süden. Wir müssen Verantwortung übernehmen für von uns verursachtes Leid und deshalb sind internationale Solidarität und konsequentes Handeln gefordert, auch in Münster“. Dazu forderten sie die Beendigung jeglicher Abschiebungen und ein „Ende der Entrechtung geflüchteter Menschen“.

Last but not least: Gegen die Abholzung des Dannenröder Forstes

Extinction Rebellion protestierte gegen die Abholzung des Dannenröder Forstes auf der „Münster bekennt Farbe“-Wiese an der Promenade (gegenüber Aasee). „Die Bundesregierung und die schwarz-grüne Landesregierung in Hessen versuchen zurzeit durch Einsatz von Polizei und SEK, die Räumung und Rodung des Dannenröder Forst gewaltsam durchzusetzen. Die Waldbesetzer*innen beschützen aber nicht nur den Dannenröder Forst, einen 300 Jahre alten und gesunden Mischwald; es geht ihnen auch darum, den Bau der A49 zu verhindern. Der Bau der neuen Autobahn bedeutet die Zerstörung des ‚Danni‘ und des benachbarten Herrenwaldes und gefährdet das Grundwasserreservoir im Gleental“. Da nicht alle Menschen die Möglichkeit hätten, in den ‚Danni‘ zu fahren, wurde auf weitere Solidaritäts-Aktionen direkt in Münster hingewiesen. „So unterstützen wir die Waldbesetzer*innen, die von Polizeigewalt und Repressionen direkt betroffen sind“, erklärt Mariele Wischer von Extinction Rebellion Münster.

Nicht fotografiert:

Klimagerechtes Gesundheitssystem gefordert

Health for Future Münster warf einen Blick auf den Gesundheitssektor. Die Liste der Krankheiten, die durch die Klimakrise ausgelöst oder verstärkt werden, sei mit Hitzschlägen, Infektionserkrankungen, Mangelernährung und vielen weiteren sehr lang. Gleichzeitig sei der deutsche Gesundheitssektor für 5,2 Prozent der jährlichen Treibhausgas Emissionen Deutschlands verantwortlich. „Dem gesellschaftlichen Auftrag, Krankheit abzuwenden und Gesundheit zu fördern, könne das Gesundheitssystem nur gerecht werden, wenn Krankenhäuser, Praxen und die Arzneimittelherstellung so schnell wie möglich klimaneutral werden“, so die Gruppe. „Andernfalls widersprechen sich eigener Anspruch und Handlung, was im Einzelfall zu kognitiven Dissonanzen führt“, hieß es weiter. „Wir von Health For Future fordern die Kliniken, Praxen und Rettungsdienste Münsters auf, effektive Maßnahmen zur Reduktion ihrer direkten und indirekten Emissionen einzuleiten, um auch die Ursache, anstatt bloß die Symptome der Klimakrise zu behandeln“, so Marlene Dißmann von Health for Future.

Verkehrswende: Mehr Platz für die Menschen

Und Fridays for Future Münster kritisierte am historischen Rathaus: „Münster verkauft sich gerne als nachhaltige Fahrradstadt. Dabei haben auch hier immer mehr Menschen ein Auto und fahren es auch immer mehr. Hinzu kommt ein Anstieg des Pendelverkehrs mit dem Auto in die Stadt. Für eine echte Verkehrswende müssen große Teile des Straßenraums dem Auto genommen und nachhaltigen Verkehrsmitteln gegeben werden. „Wir fordern mehr Platz für Menschen und somit eine klimagerechte Umverteilung des Straßenraums“, so FFF Münster.

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