Köln: Neonazi-Pleite Nummer Zwei

Mit rechter Hetze und Sprüchen wie „Wir sehen uns auf der Straße denn  unsere Armlänge Abstand ist die deutsche Faust!“ oder „Ein Baum, ein Strick für’s Antifa-Genick“ riefen Neonazis in der Manier von NSDAP-Schlägertruppen zur „Demonstration“ am 14. Januar in Köln auf. Das Motto sollte der nationale Sozialismus sein. Doch außer hasserfülltem Gegröhle blieb dann doch von den ca. 100 Teilnehmern wieder nichts übrig. Der zweite Reinfall eines rechten Auftritts nach dem 7. Januar von Pro NRW. Auch aus der vollmundig angekündigten Demonstration wurde nichts. Die Polizei filzte jeden Teilnehmer und wurde beim zu reichlichen Alkoholgebrauch fündig. Meldungen zufolge wurde ein Medienvertreter mit einem Stock geschlagen. Es folgte eine Strafanzeige. Gegen 18 Uhr war mit dem Spuk Schluss. Auch nach dem Auftritt von Pro-NRW am 7. Januar bleibt nur festzustellen: Mehr als ein kläglicher Haufen Verwirrter ist wohl nicht mehr auf die Beine zu bringen.

Es stellt sich auch die Frage, ob sich der Aufwand für ein beklagenswertes Häufchen zu einem NPD-Verbot überhaupt noch reicht und Sinn macht. Kommt die tatsächliche Gefahr doch von den sogenannten „Reichsbürgern“, dem „3. Weg“ oder anderen militanten Nazi-Schlägertrupps. Weit über 23.000 teils gewaltbereite Personen rechnet der Verfassungsschutz dazu. Zunehmend scheinen auch Rechtsradikale die AfD als Auffangbecken ausgemacht zu haben. All das heißt nichts Gutes für ein friedliches Zusammenleben in Köln und anderswo und unsere auf friedliche Nachbarschaft ausgerichtete und von Export abhängige Gesellschaft. Gegen diese rechten Tendenzen in Köln kamen die Bündnisse gegen Rechts und Rassismus am 14. Januar mit etwa 400 Teilnehmern zusammen.  

Rechtspopulismus nicht aus dem Nichts

Stepan Otten, engagierter Gewerkschafter und Antifaschist, spricht über seine Kampagne „Kein Veedel für Rassismus“ zu den Landtags- und Bundestagswahlen. Er wies darauf hin, dass Rechtspopulisten wie der Front National, Ukip, Liga Nord, FPÖ oder die Goldene Morgenröte oder Faschistenr auch in benachbarten Ländern aktiv seien. Und „In Deutschland ist die AfD auf dem Vormarsch. Jedem sollte klar sein, dass Rechtspopulismus nicht aus dem Nichts kommt. Die soziale Spaltung nimmt zu und die Benachteiligung wird zementiert.“ Es sei eine Täuschung, dass Globalisierung und freie Märkte für alle Vorteile bringe. Als Beispiel nannte Otten die Jugendarbeitslosigkeit in Spanien. Die Politik müsse – so Otten – endlich die Fragen zur Ungerechtigkeit ernst nehmen. Nur dadurch könne Rechtspopulisten der Nährboden entzogen werden. In den diesjährigen Wahlkämpfen wollen die Kölner Aktionsbündnisse besonders aktiv gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit aktiv sein und vor allem den Wahlkampf der AfD entlarven.

Die Rechten sind nicht das Volk

Gabriele Hammelrath, MdL NRW: „Und es ist unsere Stadt und unser Land. Nicht das der rassistischen und antidemokratischen  Rechten, die so gerne behaupten, das Volk zu sein. Das sind sie nicht, sie sind eine kleine Minderheit mit Größenwahn. Und sie haben keine positiven Visionen für unser Land, sondern  kennen nur Zerstörung und Wut, Hetze und Hass. Und wir dürfen Ihnen keinen Platz geben – nicht in unserer Stadt und unserem Land und vor allem nicht in den Köpfen der Menschen. Und deshalb stehen wir hier und stellen uns quer. Und das werden wir auch weiterhin tun, wenn diese kleine, versprengte Truppe hier auftaucht. Wir wollen ein nazifreies Köln.“

Menschenverachtender politischer Dreck

Prof. Dr. Jürgen Wilhelm (Vorsitzender der Kölnischen Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit) blickt historisch zurück. Die Rechtspopulisten und gewaltbereiten Neonazis „haben sich als scheinheiliges Motto den ‚Deutschen Sozialismus‘ ausgeguckt. Diese vermeintlich kapitalismuskritische Ausrichtung der Neonazis entpuppt sich bei näherer Betrachtung als plumper Antisemitismus, gepaart mit dümmlicher Fremdenfeindlichkeit, also als kaum noch verkapptes Nazidenken. Und selbstverständlich ist das so gemeint!“ Auch Hitler und seine Schergen propagierten einen ‚deutschen Sozialismus‘, der nichts anderes als menschenverachtender politischer Dreck war, aber zu den entsetzlichsten Folgen der Menschheitsgeschichte führte.“

Wir brauchen keine nationalen Mauern oder Grenzen

Hildegard Lülsdorf (Vorsitzende der Katholischen-Arbeitnehmer-Bewegung): „Wir erteilen einem nationalen Sozialismus eine Absage.“ Bereits im Faschismus hätte die KAB den nationalen Sozialismus abgelehnt. Alle Arbeiterbewegungen seien internationale Bewegungen, ein Teil davon sei die KAB. „Auch wir hier in Köln erfahren viele täglich, wie wichtig internationale Solidarität ist. „Wir brauchen keine nationalen Mauern oder Grenzen, die sich gegen unsere Werte und unser Grundgesetz richten“. Das christliche Menschenbild erfordere, allen Menschen zu helfen und ihnen eine würdige und sichere Zukunft zu bieten.

AfD schürt die Angst

Elizaveta Khan (Geschäftsführerin Integrationshaus Kalk): „Wir sind heute hier, um Freiheit, Menschenwürde und unsere Menschenrechte zu verteidigen. Wir müssen jeden Tag daran arbeiten, dass wir unsere Gesellschaft zusammenhalten. Überall entsteht Angst, die so manipulierend ist und einen ersticken kann“. Wir hätten es inzwischen weltweit mit einem ansteigenden Nationalismus zu tun, „der uns gefährlicher als alles andere werden kann“. Und weiter: „Was heißt das für uns, die anders aussehen, aber nicht anders sind. Die vermeintlich woanders herkommen, aber hier ihr Zuhause haben?“ Es gibt für uns eben in dieser Gesellschaft nicht die gleichen Chancen und die gleichen Rechte. „Für uns heißt das, dauern gefragt zu werden und dauern infrage gestellt zu werden“. Sei es die Hautfarbe oder die Religion. Es sei verletzend, dass sich jeden Tag die Grenze verschiebe, was man noch sagen darf und was nicht. Selbst in der Presse sei der gute Ton verloren gegangen. „Wenn die AfD ins Parlament einzieht, macht das vielen Angst, und ich möchte nicht, dass diese Angst gewinnt“. Wir wollen unser Zuhause nicht verlieren, denn wir sind hier Zuhause“.

Warnung vor institutionellem Rassismus

Anita Meier von „Köln gegen Rechts“ ergänzt: „Es geht nicht allein um Nazis. Es geht auch um den institutionellen und gesellschaftlichen Sexismus und Rassismus“ und zitiert aus einem Redebeitrag zu Sylvester 2016: „In der Sylvesternacht 2016 versuchte die Polizei in Köln nach den massenhaften Fällen sexualisierter Gewalt des letzten Jahres ein Exempel zu statuieren, mit einem unverholen rassistischen Großeinsatz, der für hunderte Männer in einem Kessel endete. Die vermeintliche Zuschreibung „nordafrikanisch“ war das Indiz für stundenlange Festsetzung und Kontrolle. Kürzlich musste die Poliezi öffentlich zugeben, dass ihre Veröffentlichungen zum letzen Silverster falsch waren. Von den kontrollierten und schikanierten Männern am Kölner Hauptbahnhof kamen nur sehr wenige aus nordafrikanischen Staaten. Damit hat sich die angebliche ‚Berechtigung‘, die viele den Maßnahmen zugesprochen haben, als hinfällig erwiesen und zeigt den rassistisch motivierten Charakter deutlich.“

Die Redebeiträge haben klar gemacht, dass Rassismus, Sexismus und Faschismus zusammengedacht werden muss. In Deutschland scheint längst ein Aufstand für eine neue Aufklärung und einen neuen Humanismus überfällig zu sein, wenn wir nicht in dunkle Zeiten zurückfallen wollen. (Hans-Dieter Hey)

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