Variablen setzten Beginn
Wissen Sie, wo ihr Strom herkommt? Wer jetzt sagt, aus der Steckdose, hat vermutlich in den letzten 20 Jahren weder Zeitung noch Nachrichten an sich herangelassen. Und wenn eine konsumkritische Bürgerinitiative wie „Koelle Global“ diese Frage stellt, ist klar: es geht um die Darstellung der Unterschiede von herkömmlichem, ‚grauem‘ und ökologisch fabrizierten, ‚grünem‘ Strom. Mehr weiter unten!
Stadttour mit Koelle Global
Die Ehrenamtler von ‚Koelle Global‘ zeigen auf ihren allmonatlichen Stadttouren auf, welchen Einfluss unser Konsumverhalten auf die Umwelt, das Klima sowie die Produktions- und die Lebensbedingungen in den Erzeugerländern haben. Mit dem Ziel, durch Informationen und Anregung zur Diskussion das Bewusstsein der Teilnehmer zu schärfen und bei Anschaffung vieler alltäglich genutzter Produkte auch diese Hintergründe einzubeziehen.
Als erstes Schwerpunktthema nahm man sich auf der Fahrradrunde am 09.06.2019 also die Stromproduktion vor. Hierzu machte die 14 Teilnehmer große Gruppe an der Filiale eines Naturstromanbieters am Hohenzollernring halt und ließ sich über den aktuellen Stand auf dem Strommarkt informieren.
‚Grauer‘ oder laut Werbung auch ‚gelber‘ Strom ist natürlich Energie aus Kohle, Gas und Atomkraft. Und ‚grüner‘ Strom wäre dann die Energie aus Wasserkraft, Wind, Sonne und sonstigen renegativen Quellen? So soll es sein, aber ganz so einfach ist es leider gar nicht. Denn Ökostrom ist in Deutschland kein geschützter Begriff und basiert auf keinem einheitlich festgelegten Kriterienkatalog. Nahezu jedes Unternehmen und jedes Stadtwerk bietet mittlerweile Strom auch als Ökostrom an. Und dabei stößt man auf Geschäftsmodelle, die einem Etikettenschwindel nahekommen:
So pflegen diverse Energiekonzerne z. B. gern Strom von norwegischen Wasserkraftwerken zu kaufen – und bezahlen diesen (mit kleinem Aufpreis) von ihrem selbst produzierten Kohle- oder Atomstrom, der damit ‚grün eingefärbt‘ wird. Es lohnt also, die verschiedenen Angebote genauer zu beleuchten, wenn man als Verbraucher nach umweltfreundlichen Alternativen suchen will. Teurer muss ein ‚echt‘ grüner Strom dann auch nicht unbedingt sein.
Der nächste Halt: eine Verteilerstelle von Foodsharing, und damit war man beim Thema der Überproduktion und Verschwendung von Lebensmitteln. Die z. B. von den Supermarktketten aus Vorwegnahme der Verwechslung von Mindesthaltbarkeits- und Verfallsdatum noch im genießbaren Zustand aussortiert werden. Oder gar nicht erst zur Verwertung kommen – weil sie wegen optischer Mängel erst nicht in den Verkauf gelangen, durch Transportschäden verloren gehen, unsachgemäß gelagert oder von Verbrauchern über Bedarf gekauft werden oder auch wieder wegen Überbewertung des Mindesthaltbarkeitsdatums noch in genießbarem Zustand im Müll landen.
Ein Drittel der weltweit produzierten Nahrungsmittel geht derzeit dadurch verloren. Was man als Kunde dagegen tun kann, wurde dann durch Anregungen der Referenten vorgebracht und durch Diskussion in der Teilnehmerrunde ausgetauscht: produktorientierte Lagerung, überlegterem Einkauf nach echtem Bedarf und eine gelassenere Einstellung zu Haltbarkeitsangaben und augenscheinlich nicht normgerechtem Obst und Gemüse.
Einen letzten Stopp legte die Gruppe dann – wider sonstiger Gewohnheit – vor dem Schokoladenmuseum ein. Denn die Kakaoproduktion ist heute ein Wirtschaftszweig mit problematischem sozialen Fundament: durch den Preisdruck der internationalen Konzerne setzen die Bauern auf den Plantagen im Haupterzeugerland Elfenbeinküste statt angestellter Landarbeiter oft Kinder ein. Derzeit sollen es 1,2 Mio. sein.
Mittlerweile gibt es bei hier verkaufter Schokolade und Kakao eine Vielzahl von Qualitätssiegeln, die sozial gerechte und/oder umweltfreundliche Herstellung versprechen. Wer steckt dahinter und was davon ist wirklich vertrauenswürdig? Die bekanntesten, Fairtrade und Gepa, erfüllen z. B. tatsächlich die sozialen Vorgaben. Mittlerweile gibt es aber auch eine Art „Fairtrade light“: hier werden nur einzelne Produktionsabschnitte zertifiziert, z. B. nur den Kakao- oder nur den Zuckeranteil im Endprodukt .
Ein vorgestelltes Beispiel aus den Eine-Welt-Läden zeigt, dass auch eine Schokolade ohne solches Siegel ethisch sauber‘ sein kann: denn dabei handelte es sich um eine im afrikanischen Anbaugebiet hergestellte Schokolade – von einem mittelständischen Fabrikanten, der sich die Kosten für die Kontrolleure, von denen ein Siegel vergeben wird, gar nicht leisten kann.
Zu all dem gibt es auch nachträglich Informationen auf der Internetseite https://koelleglobal.org, die im Zuge mit den Stadttouren laufend aktualisiert werden.
Die Stadttouren von „Kölle Global“ finden am jeweils zweiten Samstag im Monat statt, wechselweise zu Fuß oder per Fahrrad. Start ist um 11.30 Uhr. Der Treffpunkt ist in der Regel auf dem Rudolfplatz am Hahnentor, Abweichungen werden gesondert bekannt gegeben. Eine Anmeldung zur Teilnahme ist nicht erforderlich, aber empfehlenswert.
Udo Slawiczek
8 Gedanken zu „Köln: Alternative Stadtradtour mit ‚Kölle Global‘“
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