Inge und Mitja Rapoport: Vorbilder für Humanismus und Antifaschismus


Variablen setzten Beginn

Am 13. Dezember gab es im Hamburger Medizinhistorischen Museum eine Führung mit Filmvorführung zu Inge (1912-2017) und Mitja (1912-2004) Rapoport. Wer waren die beiden aus der damaligen DDR? Beide stellten ihr Leben in den Einsatz für die sozialistische Idee.

Mitja Rapoport war in Berlin (DDR) Direktor des Instituts für Biologische und Physiologische Chemie an der Humboldt-Universität, Präsident der Leibniz-Sozietät und einer der bekanntesten Biochemiker seiner Zeit.
Inge Rapoport war eine der bekanntesten Kinderärztinnen in der DDR und eine der ersten Inhaberinnen eines europäischen Lehrstuhls für Neonatologie. Mit 102 Jahren wurde Prof. Dr. Inge Rapoport in Hamburg nachpromoviert.

Während des Hitler-Faschismus flüchtete Mitja Rapaport in die USA und kam dort unter den Druck des Antikommunismus der McCarthy-Ära. Sein Exil sah er als Kommunist in der DDR. Bekannt wurden beide für ihren selbstlosen, solidarischen und weltweiten Einsatz bei der Ausbildung von Ärzten in Afrika, Lateinamerika und Asien. Nach dem Ende der DDR fanden sie ihre politische Heimat in der Bewegung für Frieden und Abrüstung.

Im Anschluss an Vortrag und Rundgang an diesem Freitag fand – bei 150 Gästen – eine Diskussion zwischen Prof. U. Koch-Gromus, Prof. R. Sorg, Prof. J. Scheffran, K. Hartmann, Dr. D. H. Rapoport, Prof. G. K. Jacobasch, Prof. H. Kreibisch, Dr. H. Niemann, Prof. W. Siems, Dr. H.- C. Stoodt, Prof. N. Paech, sowie Pflegerinnen und Pflegern, Aktiven, die sich für Frieden und Antifaschismus, Ärztinnen und Ärzten, die sich für „Mensch vor Profit“ engagieren, statt.

Veranstalter waren die Hamburger Gesprächskreis Dialektik & Materialismus und Dr. Daniel Rapoport in Zusammenarbeit mit IPPNW–Internationale Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges, Ärzte in sozialer Verantwortung e. V., Gruppe Hamburg und der Deutscher Freidenker-Verband. (14.12.2019, Hans-Dieter Hey, Fotos: Andrea Hackbarth-Rouvel)

Ergänzung:

Antje Kosemund wurde 1928 in Hamburg geboren und ist seit mehr als 20 Jahren im Landesvorstand Hamburg der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten e.V. aktiv. Außerdem ist sie Mitglied im Stiftungsrat des Auschwitz Komitees und im Beirat der Hamburger Stiftung für NS-Verfolgte. Antje Kosemund erzählt die Geschichte ihrer Familie, die von widerständigem Leben zeugt, von Faschismus, Kriegszeit und Nachkriegszeit und den geschlagenen Wundern dieser Zeiten. Im Mai 1933 wurde ihr Vater Bruno Sperling von der GESTAPO verhaftet, ihre Schwester Irma wurde mit drei Jahre Opfer der Nazi-Euthanasie-Verbrechen. Antje ging auf Spurensuche. Im Vorwort zu ihrem Buch schreibt sie: „Es ist unvorstellbar, aber Irma ist inzwischen an drei verschiedenen Orten beerdigt. Ihr Körper wurde 1944 in einem Massengrab in Wien verscharrt. Das Gehirn haben wir 1996 auf dem Geschwister-Scholl-Ehrenfeld in Ohlsdorf beerdigt, und ein winziger Rest wurde am 25. April 2002 in Wien begraben. 1996, 50 Jahre nach Hitlers „Euthanasie“-Morden fand Antje Kosemund mindestens 10 Gehirne von Euthanasie-Opfern aus Alsterdorf. Bis zu diesem Jahr wurden sie noch als Forschungsobjekte aufbewahrt, dann nach Hamburg überführt und ehrenvoll beerdigt.

Von 1936 bis 1959 hatte die 1917 in Naumburg/Saale geborene Dorothea Bock fünf schiziphrene Schübe. Im Jahr 1936 brachten die Nazis sie in die Anstalt Bethel, wo sie nach dem NS-Erbgesundheitsgesetz zwangssterilisiert wurde. Nach dem Krieg wurde sie Bildhauerin, Schriftstellerin und Lehrerin. In zahlreichen Referaten und Veröffentlichungen klärte sie über die Missachtung und Abwertung ihr gegenüber und anderen psychologisch Erkrankten auf und scheute sich auch nicht, sich mit ihren ehemaligen Nazi-Peinigern auseinanderzusetzen. 1987 wurde sie Mitgründerin des Bundes der Zwangssterilisierten und „Euthanasie“-Geschädigten. Ihre jüngere Schwester Anne Fischer: „Das liegt an der Wahrhaftigkeit ihrer Erkenntnis, ihrer kritischen Wachheit, ihrer Kampfkraft und ihrer Kreativität, und weil sie den Diskriminierten eine Stimme gibt.“ 1997 erhielt sie das Bundesverdienstkreuz und 2008 das Große Verdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland. Am 9. Oktober 2019 verstarb Dorothea Bock im Alter von 102 Jahren. (17.12.2019, Andrea Hackbarth-Rouvel)

Eine Auswahl von Beiträgen:

Einstieg zur Rapoport-Veranstaltung

Inge und Samuel Mitja Rapoport – Achtung und Verbundenheit

Historische Würdigung der Ärztefamilie Rapoport

7 Thesen über Rapoports

Hamburger Thesen zum Antifaschismus

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