Griechenland: Aufklärung gegen Meinungsjournalismus

Egal wie man es bezeichnet in der Eurokrise bezeichnet: vorauseilender politischer Gehorsam, Meinungsjournalismus oder Unfähigkeit. Die meisten „Leitmedien“ sind offenbar unfähig, ihrem öffentlich-rechtlichem Auftrag in der Griechenlanddebatte nachzukommen. Statt dessen wird mit Halb- und Falschinformationen, nationalistischen Ressantiments, unterschwelligen Unterstellungen bis hin zur Hetze gearbeitet, um die Krise in Griechenland zu beschreiben oder deutschen Nationalismus zu befeuern. Das hat mit Qualitätsjournalismus nichts zu tun. Umso erfreulicher der Filmclip der Organisation campact, die von den Beteiligten Transparenz und Offenheit verlangt. Campact hat sich auch der von Transparency Deutschland gestarteten „Initiative Transparente Zivilgesellschaft“ angeschlossen. Ein Videoclip für alle, die neugierig auf Realität und nicht Meinungsjournalismus sind:

Ergänzung 20.07.2015

Sind wirklich die meisten für Merkels Griechenland-Politik oder lügt hier FORSA?

Das fragt sich Prof. Dr. Gerhard Bosbach, der unter anderem durch das Buch „Lügen mit Zahlen“ bekannt wurde. Er schreibt:

„Merkels Griechenland-Politik gefällt vielen Grünen-Anhängern.“ Schlagzeilen wie diese (zeit.de 14.7.2015) stützten sich auf eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Forsa im Auftrag des Magazins „Stern“. Der Medienkritiker Stefan Niggemeier deckte auf, dass die Forsa-Ergebnisse auf einer sehr einseitigen Auswahl von Antwortoptionen beruhten: Die Befragten hatten praktisch nur die Möglichkeit, sich zwischen Merkels Spardiktat für Griechenland und einem Rauswurf Griechenlands aus dem Euro (Grexit) zu entscheiden. Die Deutsche Presse-Agentur dpa wies in einer Korrektur ihrer ersten Meldung auf diese Problematik hin. Forsa-Chef Manfred Güllner verteidigte das Vorgehen seines Instituts auf stern.de mit dem Argument, in Brüssel und im Bundestag habe es eben nur die genannte Alternative gegeben. Jeder Hinweis auf dritte Möglichkeiten ist in den Augen Güllerns „ideologisch verbohrt“.

Besonders abstrus erschien vielen Beobachtern die Forsa-„Erkenntnis“, dass Merkels Griechenlandpolitik bei den Anhängern der Grünen sogar populärer sei als bei den Anhängern der CDU/CSU. Dieser Effekt dürfte vor allem der von Forsa formulierten Alternative geschuldet sein: Ein „Grexit“ ist bei kosmopolitisch angehauchten Grünen-Anhängern unpopulärer als bei deutschnational angehauchten CDU/CSU-Anhängern. Daraus aber zu schließen, dass die von Merkel und Schäuble durchgesetzte Austeritätspolitik mit Massenentlassungen, Rentenkürzungen, Belastung des Tourismussektors, hemmungslosen Privatisierungen usw. bei den Grünen-Anhängern populär sei, ist in unseren Augen eine Definitionslüge: Wenn Leute, vor die Wahl zwischen Pest und Cholera gestellt, sich für die Cholera entscheiden, heißt das keineswegs, dass sie die Cholera befürworten, dass die Cholera also populär sei. An dieser Stelle überdehnt Güllners Forsa-Institut die Interpretation der Studienergebnisse auf unzulässige Weise.

Güllner rechtfertigte sich mit dem Argument, die genannte Alternative sei nicht von Forsa erfunden worden, sondern entspreche genau der Alternative, die bei den Verhandlungen in Brüssel und im Bundestag diskutiert wurde. Das stimmt zwar, leider, entspricht aber nicht dem Diskussionsstand in Wissenschaft und Öffentlichkeit. Gerade hatten der amerikanische Ökonom Paul Krugman und der Schweizer Journalist Constantin Seibt eine kritische Debatte über die von den meisten EU-Regierungen vertretene Austeritätspolitik in Gang gebracht, in deren Verlauf sich „dritte Alternativen“ entwickelten: etwa eine Abkehr von der deutschen Exportoffensive, Lohn- und Rentenerhöhungen in Deutschland, damit die Stärkung des Konsums, der Importe und z. B. der Nachfrage nach griechischen Tourismus-Dienstleistungen. Es gab sogar schon Meldungen über einen Aufschwung des Griechenland-Tourismus, den die jetzt von der Eurogruppe durchgesetzte drastische Mehrwertsteuererhöhung mit großer Wahrscheinlichkeit im Keim ersticken dürfte. In dieser Situation lieferte Forsa mit ihrer Umfrage den Austeritätsdogmatikern eine wunderbare Vorlage, das Ruder schnell wieder herumzureißen. Dazu passt, dass die Nachrichtenagenturen dpa und AFP in ihren Erstmeldungen darauf verzichteten, die Alternativ-Konstruktion zu benennen, auf der die Umfrage beruhte.

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