Köln: Erdogan – No pasarán!

Bis zu 10.000 Kurden und linke Gruppen demonstrierten am Samstag in Köln gegen die durch EU und Nato geduldeten türkischen Angriffe auf Kurdengebiete im Nordirak und den türkischen Staatsterror mit Verhaftungen ihrer Landsleute. Erst am 1. August wurde im Nordirak von der Türkei ein Kurdengebiet bombardiert mit ausschließlich zivilen Opfern. Der Ort wurde im Jahr 2011 bereits schon einmal bombardiert. Der Protest richtete sich auch gegen die Terrormiliz „Islamischer Staat“´. Aufgerufen hatten 50 politische Gruppen.

Mit 28 Kampfflugzeugen hatte die Türkei 65 Stellungen der PKK im Nordirak Anfang August unter Beschuss genommen und bombardiert, am Donnerstag sollen es sogar 80 Angriffe der Kampfflugzeuge auf 100 Ziele der PKK gewesen sein. Unbestätigten Agenturmeldungen zu Folge wurden 260 Rebellen der PKK seit Beginn der Luftangriffe am 1. August ermordet.

Zurecht muss an die westlichen Regierungen die Frage gestellt werden, ob sie ihre widersprücheliche Politik beibehalten kann, wenn sie weiterhin Angriffe der Türkei auf die kurdischen Volksschutzeinheiten (YPG) – einer Schwesterorganisation der PKK – duldet, wo doch gerade ihnen eine besondere Bedeutung Im Kampf gegen den IS-Terror zukommt. Doch im Zweifelsfall sind Barrak Obama und Angela Merkel die Bündnistreue zum zweifelhaften Nato-Partner Türkei wichtiger.

Am 8. August bezog sich Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) auf ein Gespräch in der Türkei und äußerte gegenüber der RP das, was der Natopartner Türkei von ihm gern hört: „Die türkische Führung hat uns und den europäischen Partnern zugesichert, dass sie am Friedensprozess festhalten will, allerdings auch erwartet, dass die PKK umgehend Angriffe auf türkische Sicherheitskräfte einstellt.“ Das dürfte eine deutlich einseitige Sichtweise sein. Im Falle des IS muss sich Erdogan zudem den Vorwurf gefallen lassen, diesen bisher auf viefältige Weise mehr oder weniger offen unterstützt zu haben. Den westlichen Nato-Partnern fällt Erdogans Zweispaltigkeit außer zurückhaltende „Ermahnungen“ nichts weiter dazu ein.

Doch solange Deutschland die Allmachtsphantasien des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan unterstützt und ihm nicht in den Arm fällt durch den Abzug deutscher Raketen vom Typ „Patriot“ und der 400 deutschen Soldaten an der Grenze zu Syrien, die Einstellung der deutschen Türkeihilfe, der Waffenexporte oder der Zurverfügungstellung von Geheimdienstauswertungen, ändert sich nach Auffassung der Demonstranten nichts.

Sie werfen der türkischen AKP-Regierung und insbesondere dem Staatspräsidenten vor, sich weiter auf Kriegskurs gegen die Kurden im eigenen Land, in Syrien und Irak zu befinden. Der Grund liegt nahe: Dem Selbstdarsteller mit Qualitäten zur Ein-Mann-Diktatur hatte die letzte Wahl in der Türkei die Alleinherrschaft verhagelt und die fortschrittliche linke Partei HDP mit über 10 Prozent ins türkische Parlament gebracht. Nun kann Erdogan keine Regierung bilden und strebt Neuwahlen an. Offenbar scheut er nicht vor Staatsterror gegen Kurden, die PKK oder die HDP zurück, um die entsprechende „Wahlstimmung“ vorzubereiten. Damit war allerdings der Friedensprozess mit den Kurden aufgekündigt. Viele sehen bereits einen Rückfall in die mörderische Situation der 1990er Jahre. Der Konflikt mit der PKK dauert nun über 30 Jahre und hat Zehntausende das Leben gekostet. Die PKK hatte 2013 zum Waffenstillstand aufgerufen, der nun durch Erdogan einseitig gebrochen wurde.

Aus Sorge um die Entwicklung wurde ein offener Brief von Intellektuellen und Politikern an die US-Regierung und an die Regierungen der EU-Länder gerichtet, der hier in veröffentlicht ist.

Auch der völkerrechtswidrige Einsatz von Drohnen mit meist zivilen Opfern, bei dem Deutschland über den Ort Ramstein willig technische Beihilfe leistet, ist in Syrien an der Tagesordnung. Hiergegen richtet sich die Kampagne „Stopp Ramstein: Kein Drohnenkrieg! – ‚Von deutschem Boden darf nie wieder Krieg ausgehen“

Für den 15. September 2015 wird zu einer internationalen Kundgebung in Kobanê aufgerufen, um die türkische Regierung zu zwingen, einen humanitären Korridor zuzulassen. Die Reise dauert vom 12.-16. September.

Ansprache von Sevim Dagdalen, MDB Die Linke im Bundestag hier!

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