Der Friedhof von Knapsack – Naturdokument eines untergegangenen Ortes

Ein begehbares Zeitdokument, je nach Wetterlage mit gewissem Gruselfaktor, findet sich nahe der Großstadt Köln am Rande eines fast untergegangenen Dorfes: der alte Friedhof von Knapsack. Fortsetzung unten!

Knapsack, ein Ortsteil der Stadt Hürth bei Köln, hatte in seinen besten Zeiten einmal mehr als 4000 Einwohner. Und das, obwohl das Wohngebiet damals eingepfercht war zwischen einem Braunkohletagebau und einem großen Industriekomplex. Bergbau und Industrie, vor allem diverse Chemie, Brikettfabriken und ein Braunkohlekraftwerk, sicherten Jobs über mehrere Generationen und sorgten mit den Gewerbesteuereinnahmen für eine lange Zeit gut gefüllte Stadtkasse. Und auch wenn das aus 12 Ortsteilen zusammengesetzte Hürth damals wegen der Umweltbelastung dieser Fabrikanlagen schon einmal abfällig „das dreckige Dutzend“ genannt wurde, regte sich kaum Widerstand oder gar die Forderung, die Luftverschmutzung durch Umweltauflagen einzuschränken. Statt dessen wurde Knapsack seit Ende der 1960er Jahre nach und nach entvölkert, ohne dass dabei – wie sonst im Braunkohlerevier üblich – eine geschlossene Umsiedlung zustande kam. Heute ist nur noch eine Veranstaltungshalle, die Feuerwache und ein kleines Straßenkarrée mit teilweise denkmalgeschützen Wohnhäusern vom alten Ortskern übrig, hier wohnen derzeit etwa 170 Leute.

Die Luftverschmutzung ist durch Umwandlung der Produktion und nationale Umweltauflagen heute kein Thema mehr. Im früheren Wohngebiet haben sich mittlerweile aber andere Gewerbebetriebe niedergelassen, u. a. ein Speditionsbetrieb und zwei Wertstoffaufbereiter. Zu einer größeren Rückbesiedelung wird es also nicht kommen. Und so gibt es dort immer noch die alten Straßennamen wie die Kirch-, Schul- und Wasserturmstraße, obwohl die namensgebenden Gebäude längst nicht mehr existieren.

Von der Natur mehr und mehr zurückerobert ist mittlerweile der alte Dorffriedhof. Die Gräber, soweit noch vorhanden, verschwinden allmählich unter Gebüsch und hohen Bäumen, darunter auch kalifornische Redwoods. Wie im Dorf, gibt es aber auch hier einen kleinen Bereich, der gepflegt und erhalten wird: ein zentrales Wegekreuz mit kleiner Platanenallee und die Gedenkstätten für einheimische Kriegsopfer der Weltkriege sowie 106 verstorbene russische Kriegsgefangene.

Der Friedhof ist immer noch frei zugänglich und lohnt als Naturdenkmal durchaus einen Besuch, wenn man eine leichte Beklemmung zu überwinden weiß. Auch für Filmaufnahmen wurde er bereits genutzt. Und für einen größeren Streifzug führt von hier aus ein Weg weiter in das rekultivierte Gebiet des früheren Braunkohletagebaus.

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